Presseinformationen

Camera Austria International 120 | 2012

Infos

Präsentationen:

Kunstquartier Bethanien, Berlin: 13.12.2012, 19:00
ARCO Madrid: 13. – 17.2.2013

Pressetext

Die anhaltende Privatisierung des öffentlichen Raumes, eine Tatsache, die u.a. durch die Occupy-Bewegung wieder vermehrt ins Zentrum allgemeiner Wahrnehmung gerückt ist, wollen wir in dieser Ausgabe von Camera Austria International zum Anlass nehmen, Ihnen vier künstlerische Positionen vorzustellen, die sich in ihrer Arbeit in unterschiedlicher Art und Weise mit Formen der Politik des Bauens in Städten und deren Effekte auf ihre BewohnerInnen auseinandersetzen.

Die Filme des britischen Künstlers John Smith etwa kreisen oftmals um Architektur und gebaute Umgebung – obwohl sie aktuelle Fragen von Gentrifizierung nicht direkt adressieren, geht es in seinen zum Teil bereits in den 1970er Jahren gedrehten Filmen um Fragen von (verordneter) Veränderung sowohl des städtischen Raumes wie auch von spezifischen Gesellschaftsformationen, und in der Konsequenz damit oftmals um Fragen von Erinnerung und Verlust. Die Funktionen des Bauens und die Bedürfnisse und Interessen der NutzerInnen des Raumes stehen oft konträr zueinander und lassen den städtischen Raum dysfunktional erscheinen.

Das fotografische Arbeitsarchiv Monika Sosnowskas dient der Künstlerin als »externes Gedächtnis« für ihr bildhauerisches Schaffen, ein Werk, das »zutiefst von Polens psycho-architektonischen Erbe durchdrungen ist«. Die Fotografien zeigen die Auswirkungen des neuen Internationalismus und der Liberalisierung der Wirtschaft in Warschau nach dem Ende der Volksrepublik Polen: »Durch Sosnowskas gesamtes Archiv zieht sich ein kontingentes Triangel von Artefakten, Natur und Menschen. Sie wirken wie physische Kräfte aufeinander ein, erschaffen und verändern fortwährend die gelebte Umwelt.« (Kirsty Bell).

Anlässlich seiner Retrospektive im Reina Sofía in Madrid hat der deutsche Konzeptkünstler Hans Haacke eine Arbeit über die spanische Immobilienkatastrophe entwickelt, »Luftschlösser« (2012). An der Peripherie Madrids fand er eine Agglomeration angefangener und nicht weitergebauter Häuser – Ruinenlandschaften, die in Spanien zum alltäglichen Anblick gehören und Ausdruck eines entfesselten Bausektors sind, der ein ganzes Land an den Rand des Ruins gebracht hat. »Hans Haackes Installation kommt in diesem Zusammenhang exemplarische Bedeutung zu, denn seine multimediale Durchdringung von Ensanche de Vallecas enthüllt die Merkmale, die für den gefräßigen Urbanismus der spanischen Boomjahre typisch sind.« (Paul Ingendaay).

»Wenn wir finden, dass Kunst die gesamten Bedingungen ihrer eigenen Existenz zum Thema machen sollte, könnte es sich lohnen zu fragen, wo Kunst einen größeren Einfluss auf die gesellschaftliche Realität hat: an den Schauplätzen, an denen kritische künstlerische Interventionen stattfinden, oder an den Orten öffentlicher Rezeption – in den Galerien, Museen und auf den Biennalen, dort, wo die Arbeiten anschließend gezeigt, diskutiert und verkauft werden?« Ausgehend von dieser Frage initiierte das vom niederländischen Künstler Renzo Martens gegründete Institute for Human Activities (IHA) ein fünfjähriges Gentrifizierungsprogramm 800 Kilometer von Kinshasa, den Kongo flussaufwärts. T.J. Demos war dort und sprach mit dem Künstler über sein provozierendes Projekt. Deutlich wurde: »Dieses System wird für das Mandat der Kunst und ihre Kritikalität stehen«, denn, so Renzo Martens weiter: »Institutionskritik nützt letztlich in nur wenigen Weltgegenden«.

In dieser Ausgabe von Camera Austria International schließt Jan Verwoert seine vierteilige Kolumne »Zeuge Bild« ab: Unter anderem entlarvt er die Glück verheißenden »Zukunftstraumbilder« in den Schaufenstern von Immobilienbüros als Formen der Inbesitznahme der Seele durch das Vorspiegeln gesellschaftlicher Normalität – und ergänzt so auf kongeniale Weise die vier monografischen KünstlerInnenbeiträge zum Thema Traum, Schuldenkrise und Gegenwartsdepression.

Maren Lübbke-Tidow
Reinhard Braun
Dezember 2012

Bildmaterial

Die honorarfreie Veröffentlichung ist nur in Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausstellung und die Publikation gestattet. Wir ersuchen Sie die Fotografien vollständig und nicht in Ausschnitten wiederzugeben. Bildtitel als Download unter dem entsprechenden Link.

  • Doppelseite aus / Double page from Camera Austria International 120/2012: Hans Haacke, S. / pp 36-37.
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  • Doppelseite aus / Double page from Camera Austria International 120/2012: Monika Sosnowska, S. / pp 14-15.
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