Camera Austria International

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95 | 2006

  • ALLAN SEKULA
    Ein tragbares Nationalarchiv für ein staatenloses Volk: Susan Meiselas und die Kurden
  • SUSAN MEISELAS
    Kurdistan. In the Shadow of History
  • SUSAN MEISELAS
  • ROBERT OLSON
    Die Kurden: Lächeln die Engel?
  • NURIA ENGUITA MAYO
    Rainer Oldendorf: Images in Absentia
  • RAINER OLDENDORF
  • MIHNEA MIRCAN
    Ein Gespräch mit Santiago Sierra
  • SANTIAGO SIERRA
  • RUTH SONDEREGGER
    Kritische Theorie gesellschaftlicher Bilder III

Vorwort

An mehreren Stellen im vorliegenden Heft von Camera Austria Nr. 95 wird der Frage nach gegangen, „wie Gesellschaft und Politik ins Bild kommen“: Ruth Sonderegger untersucht dies auch mit dem Blick auf künstlerische Positionen, die in den vergangenen Jahren nicht über, sondern mit der gesellschaftlichen Rolle von Bildern gearbeitet haben. Es fügt sich gut zusammen, dass für die Fortsetzung unserer Beiträge zum Zeitschriftenprojekt documenta 12 magazines, die wir in Camera Austria Nr. 94 mit Jo Spences Essay „Die dokumentarische Praxis in Frage stellen?“ eröffnet haben, der „gesellschaftliche Gebrauch der Bilder“ weiterhin im Zentrum stehen wird.

Volltext

Camera Austria International 95 | 2006
Vorwort

An mehreren Stellen im vorliegenden Heft von Camera Austria Nr. 95 wird der Frage nach gegangen, „wie Gesellschaft und Politik ins Bild kommen“: Ruth Sonderegger untersucht dies auch mit dem Blick auf künstlerische Positionen, die in den vergangenen Jahren nicht über, sondern mit der gesellschaftlichen Rolle von Bildern gearbeitet haben. Es fügt sich gut zusammen, dass für die Fortsetzung unserer Beiträge zum Zeitschriftenprojekt documenta 12 magazines, die wir in Camera Austria Nr. 94 mit Jo Spences Essay „Die dokumentarische Praxis in Frage stellen?“ eröffnet haben, der „gesellschaftliche Gebrauch der Bilder“ weiterhin im Zentrum stehen wird.

Mit seinem Essay „Fotografie und die Grenzen nationaler Identität“ führt Allan Sekula in ein außergewöhnliches Projekt der amerikanischen Fotografin Susan Meiselas ein: „Kurdistan. In the Shadow of History“, das wir als weiteren Beitrag für documenta 12 magazines vorschlagen wollen. 1991 hatte Meiselas erstmals Kurdistan besucht, um die Identifizierung der Opfer Irakischer Offensiven des Jahres 1988 fotografisch zu dokumentieren. Daraus entstand in einer über sechs Jahre währenden Recherche ein Archiv über Kurdistan, das als Ausstellung, Website und Buch zu einem „tragbaren Nationalarchiv“ (Allan Sekula) der Kurden (ein Volk ohne Staat) angewachsen ist. Seit Susan Meiselas im Herbst 1993 bei unserem damaligen Symposion über Fotografie zum Thema KRIEG die gerade begonnene Arbeit kommentierte (s. dazu Camera Austria Nr. 47/48, 1994) haben wir den Fortgang dieses Projekts verfolgt. Meiselas spricht hier von dem Problem, „wie man andere involvieren und beteiligen kann. Ich arbeite sowohl innerhalb wie außerhalb der Medien. Denn wir machen diese Bilder nicht nur, wir müssen auch einen Raum schaffen, in dem sie wirken können“, und es ist uns daher ein Anliegen, einem Projekt das so sehr die (oft voreilig gezogenen) Grenzen fotografischer Dokumentation herausfordert, diesen Raum anzubieten.

Der spanische Künstler Santiago Sierra setzt sich in einer ortsspezifischen Arbeit am Bukarester National Museum of Contemporary Art, das 2004 in einem Seitenflügel des Parlamentspalastes eröffnet wurde, mit der politischen Signifikanz und Symbolträchtigkeit dieses Gebäudes auseinander. Das als „Palast des Volkes“ erbaute Gebäude ist das zweitgrößte Bauwerk der Welt, megalomaner Ausdruck politischer Macht und Willkür, in seiner Wucht und Größe isoliert und abgeschnitten vom Leben in der Stadt, die für seine Errichtung um ein Drittel weichen musste: „a totem of evil, of the terror in the city“, wie Sierra das Gebäude charakterisiert. In einem Gespräch mit Mihnea Mircan, Kurator der Projektreihe „Under Destruction“, im Rahmen derer Santiago Sierra seinen „Corridor in the House of the People“ realisierte, gibt der Künstler Auskunft über seine Arbeit, in der er sich mit dem nationalen Selbstverständnis bzw. mit den Zuschreibungen nationaler Stereotypen Rumäniens zum Zeitpunkt seiner baldigen Integration in die Europäische Union und die damit verbundenen Erwartungen und Zweifel auseinandergesetzt hat.

Während Santiago Sierra mit seinen Aktionen stets einen beklemmenden politischen Kommentar zur Geschichte und Gegenwart des jeweiligen Ortes seiner Intervention liefert, setzt sich Rainer Oldendorf auf ganz andere, subtile Weise mit Formen des politischen Aktivismus auseinander. In seinen Fotografien und Filmen sowie in seinen Ausstellungssettings werden Bruchstücke der eigenen Biografie und politischen Sozialisation in einem fortwährenden, Bedeutung evozierenden Spiel momenthaft in die Gegenwart überführt und zu einem dichten Netz sozialer Beziehungen und Interaktionen immer weiter und immer wieder neu miteinander verwoben. Seine Arbeit, über die Nuria Enguita Mayo einen einführenden Essay verfasst hat, funktioniert dabei nicht nur als eine Form der konstanten Erinnerungsarbeit, sondern auch als Vergegenwärtigung von sozialen und politischen Beziehungen, in denen er sich jeweils wieder findet und aus denen heraus seine Bilder und filmischen Arbeiten entstehen. In Anspielung auf ein vermeintlich kollektives „Wissen“ gelingt es ihm dabei etwa im Filmprojekt „Marco“ mit seiner nach vielen Seiten hin offenen Narration über den bewaffneten Widerstand seit den 1970er Jahren den Betrachter als eine Art Komplizen in seine Arbeit mit einzubeziehen – ein Thema, das wir auch in den Mittelpunkt einer Ausstellung im Rahmen des diesjährigen steirischen herbstes stellen.

Christine Frisinghelli

Beiträge

Forum

MARKUS DORFMÜLLER

SPENCER MURPHY

SURENDRA LAWOTI

STEFANO GRAZIANI

LILI ALMOG

NICOLAI HOWALT

TRINE SONDERGAARD

MICHAEL STRASSER

MORTEN NILSSON

Ausstellungen

Yael Bartana: Videoarbeiten
Kunstverein in Hamburg
JENS ASTHOFF

Nothing But Pleasure
BAWAG Foundation, Wien
MANISHA JOTHADY

Tacita Dean: Analogue. Films, Photographs, Drawings 1991 – 2006
Francis Alys: The sign painting project (1993 – 1997). A Revision
Schaulager Basel
RAINER BELLENBAUM

Mensch! Photographien aus Dresdner Sammlungen
Kupferstich-Kabinett Dresden
Nachbilder. Photographie in der DDR
Tagung in Dresden
MARGARETHE SZELESS

Kurt Kren:Das Unbehagen am Film
Atelier Augarten, Wien
DREHLI ROBNIK

Horàkovà+Maurer: Arbeiten 1996 – 2006
Fotogalerie Wien in der Akademie der bildenden Künste, Wien
WERNER FENZ

Why Pictures Now. Fotografie, Film, Video Heute
Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
ROLF SACHSSE

Erika Sulzer-Kleinemeier: Fotografie
Ursula Blickle Stiftung, Kraichtal
DORIS BERGER

Paris: Museumsneugründung und -Eröffnung
Musée du quai Branly, Paris
HERWIG HÖLLER

PHotoEspaña 2006: Naturaleza. International Festival of Photography and Visual arts
Madrid
ALBERTO MARTÍN

Snap Judgments. New Positions in Contemporary African Photography
International Center of Photography, New York; Miami Art Central
RACHEL BAUM

Out of Beirut
Modern Art Oxford
NIELS HENRIKSEN

Dietmar Busse: New Photographs
Sara Tecchia Roma New York
CARLO MCCORMICK

Raconte-Moi / Tell Me. Film and Narration in Migration
Musée National des beaux-Arts, Québec; Casino Luxembourg – Forum d’art contemporain, Luxembourg
YOANN VAN PARYS

Click DoubleClick. The Documentary Factor
Haus der Kunst, Munich; Centre for Fine Arts, Brussels
STEVEN HUMBLET

William Wegman: Funney / Strange
JO LONGHURST

Whitney Biennial 2006: Day for Night
Whitney Museum of American Art, New York
RACHEL BAUM

Bücher

Rob Hornstra: Roots of the Rúntur
National Museum Iceland, Reykjavik, 2006
ÆSA SIGURJONSDOTTIR

Nikolaus Walter: Fotografien 1967 – 2004
Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2006
JASMIN HASELSTEINER-SCHARNER

Frieda Grafe: Schriften
ANNETT BUSCH

ARNO SCHMIDT? – Allerdings!
Deutsche Schillergesellschaft, Marbach 2006
KRYSTIAN WOZNICKI

Impressum

Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann. Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie
Alle: Lendkai 1, A-8020 Graz

Redaktion Graz: Reinhard Braun, Christine Frisinghelli, Tanja Gassler
Redaktion Berlin: Maren Lübbke-Tidow

Lektorat: Marie Röbl
Übersetzungen: Wilfried Prantner, Richard Watts, Josephine Watson, Aileen Derieg, Don Mader, Bernard Reeves