Karina Nimmerfall: cinematic maps
Infos
Preis
Graz, 2007
deutsch/englisch
120 Seiten
20,4 cm x 14,4 cm
96 SW- Bildseiten
Hardcover, Leinen, Fadenheftung
Edition Camera Austria
ISBN: 978-3-900508-65-4
Mit einer Einführung Raimar Stange und einem Essay von Norman M. Klein.
Herausgegeben von Maren Lübbke-Tidow.
Beschreibung
Auf den ersten Blick erinnert die Fotoserie „Cinematic Maps“ an die Concept Art der 1960er Jahre, etwa an Künstlerbücher von Ed Ruscha. Und doch verfolgt Karina Nimmerfall mit ihrer Arbeit eine eigene ästhetische Strategie.
Sie nämlich spielt in den „Cinematic Maps“ – der Titel zitiert den Kulturkritiker Norman M. Klein – auf die Darstellungsmodi von Raum und dessen Zuordnung in US-amerikanischen Film- und Fernsehproduktionen, genauer: in der TV-Serie „Law and Order“ an. Dort wird, einen dokumentarischen Stil vortäuschend, kaum im Studio, sondern „on location“ gedreht. Das Resultat ist ein scheinbarer Realismus, der noch verstärkt wird, indem vermeintlich präzise Adressenangaben wie „Chandler Hinton Stock Brokerage 19 Broad Street“ in weißer Schrift auf schwarzem Grund den jeweiligen Ort des filmischen Geschehens vor jedem Szenenwechsel benennen. Der (kartografische) Text übernimmt hier, was bereits Benjamin und Brecht über die Fotografie schrieben: Das Bild bedarf des Kommentars.
Doch: Die Adresse ist stets von präziser Unschärfe – wohl aus juristischen Gründen. So stimmt etwa die Hausnummer nicht, sie steht vielmehr für eine freie Fläche in besagter Straße. Genau diese Leerstelle hat Nimmerfall fotografiert, indem sie sich formal der in den meisten TV-Serien verwendeten Ästhetik des Establishing Shots bedient und mit der Adressenangabe aus der Serie, nun ist sie endlich korrekt, ebenfalls weißer Schrift auf schwarzem Grund, präsentiert. So stimmt jetzt alles und nichts mehr: „Sachliche“ Dokumentation, unterstrichen durch das Schwarzweiß der Aufnahmen, tritt an gegen unser „imaginäres Museum“ (André Malraux), das längst gefüllt ist mit Eindrücken von TV-Serien der Marke „Law and Order“. Eine „objektive“ Dokumentation ist also nicht (mehr) möglich, Assoziationshöfe schwingen dank medialer Prägungen (unseres Gedächtnisses) bei der Rezeption selbst nüchternster Bilder entscheidend mit. (Raimar Stange)