Sharon Ya’ari: Officers’ Pool

Intro

Galerie Martin Janda, Wien, 21. 10. – 19. 11. 2016

Strommasten in der Wüste, drei einzelne Palmen hinter einer Straßenverbauung, ein vorbeifahrendes Auto, ein von satten Bäumen und Sträuchern umgebenes Wasserbecken, an dem zwei junge Frauen sitzen. In Sharon Ya’aris neuen Arbeiten stehen sich Un-Orte und Schauplätze verlorener Utopien gegenüber. Sharon Ya’aris Fotografien entstehen ausschließlich in Israel, wo der Künstler lebt und aufgewachsen ist. Ya’ari verwendet Fotografie als ein Mittel „visuellen Denkens“, um Natur, Architektur, Politik, Gesellschaft und Geschichte zu untersuchen. 

Vergrößerungen von Dias aus den späten 1960er Jahren, die im Laufe der Zeit ihre Farben verloren und verändert haben, bilden den ersten Teil der Ausstellung. Diese „gefundenen“ Bilder wurden im Norden Israels von Soldaten und Amateurfotografen aufgenommen und als Unterrichtsmittel für didaktische Vorträge verwendet. Wasser und üppige Natur sind die dominierenden und verbindenden Elemente dieser Fotografien: die ins Rot verfärbten, ehemals grün-blauen Szenerien sind Zeugnisse der vergangenen Utopie eines „neuen Europas“ im Nahen Osten. Eine Idee von Natur und Landschaft, der viele der Immigranten aus Europa und Russland folgten und die sie, einmal angekommen, vor Ort umzusetzen versuchten. The Sea of Galilee 1969(2016) zeigt den See Genezareth von Osten her: ein Blick, der nicht nur die Bedeutung des Sees als wichtigste Wasserquelle der Region hervorhebt, sondern auch dessen religiöse, historische und ikonographische Aufladung betont. Officers’ Pool 1969 (2016) führt uns in die Golan-Höhen, wo in den 1960er Jahren an einer natürlichen Quelle ein Wasserbecken für Soldaten der syrischen Armee gebaut wurde. Jahrzehnte später ist der Pool zu einer Attraktion für Wanderer und Naturliebhaber geworden. Freizeit, Erholung und Eskapismus verschmelzen mit Politik und Geschichte. 

Dem satten Rot der ersten Werkgruppe der Ausstellung steht die staubig verblasste, gelbe Farbigkeit der Fotografien im zweiten Teil gegenüber. Diese wirken wie das Unterbewusste der Arbeiten im ersten Teil. Sharon Ya’ari hat diese Bilder während der letzten zwei Jahre im Süden des Landes entlang der Hauptstraße, die an die ägyptische Grenze führt, fotografiert. In jüngster Zeit wurde hier, nahe der Staatsgrenze, neben Militärlagern ein Auffanglager für afrikanische Flüchtlinge errichtet. Eine Sackgasse in beide Richtungen.

Mit der Serie der roten Fotografien im ersten Teil der Ausstellung bewegen wir uns auf einer bildlichen Zeitachse von der Gegenwart in die Vergangenheit. Im zweiten Teil wird unser Blick auf eine aktuelle, festgefahrene Situation gerichtet. Der Blick in die Zukunft bleibt verwehrt.