Ausstellung: Tobias Zielony. Haus der Jugend
Intro
Von der Heydt-Kunsthalle, Wuppertal, 10. 9. 2017 – 14. 1. 2018
Der Fotograf und Filmemacher Tobias Zielony (geb. 1973) war einer von fünf Künstlern, die 2015 im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig ausstellten. Mit seinen Fotoarbeiten, die zwischen Dokumentar- und Kunstfotografie anzusiedeln sind, gilt er als ein Nachfolger von Größen der Fotografie wie Larry Clark, Nan Goldin und Wolfgang Tillmans.
Zielony fotografiert an den Orten, die in der kollektiven Wahrnehmung unserer Gesellschaft lieber gemieden werden. Oft sind es Jugendliche und junge Erwachsene, die aus diesem Umfeld heraustreten und öffentlich sichtbar werden, die mit ihrem Ringen um Selbstbewusstsein und Identität die Konfrontation suchen. Diese Menschen begleitet Zielony und fotografiert sie, so etwa Jugendliche am Stadtrand von Bristol, in einer Plattenbausiedlung in Halle, in Chemnitz, in Marseille und Rom oder in dem unwirklichen Ort Trona vor Los Angeles. Funktionslos gewordene Orte bekommen in diesen Bildern als Bühne und Schauplatz einen neuen Charakter.
Die Ausstellung in der Von der Heydt-Kunsthalle legt den Fokus auf ganz aktuelle Arbeiten Zielonys. Erstmalig wird eine Serie von Aufnahmen zu sehen sein, die Zielony 2016/2017 in der Ukraine gemacht hat. Diese neuen Arbeiten mit dem Titel »Maskirovka« beschäftigen sich mit der Techno- und queeren Szene in Kiew im Nachklang der Revolution von 2013. Der Begriff »Maskirovka« steht für eine russische Tradition der verdeckten Kriegsführung und militärischen Täuschung. Masken spielen in der Ukraine der Gegenwart eine wichtige Rolle: Gasmasken auf dem Maidan, vermummte Spezialeinheiten auf der Krim, in der Technoszene und beim Spiel sexueller Identitäten. Die jüngsten politischen Entwicklungen sowie die Einmischung der Russen in die inneren Angelegenheiten der Ukraine können als traurige Travestie gesehen werden, bei der alles möglich ist, aber nichts wirklich zu sein scheint. Alle Ebenen des Lebens verschmelzen in einem Zustand, in dem es kein Richtig oder Falsch mehr gibt.
Neben den Fotografien zeigt Zielony auch eine Stop-Motion-Animation mit Bildern, die er in der Ukraine aufgenommen hat, und er arbeitet an Texten, die aus Interviews mit Protagonistinnen der Revolution stammen. Die Ausstellung in der Von der Heydt-Kunsthalle gibt außerdem erstmalig einen Einblick in Tobias Zielonys Archiv mit Fotografien von Jugendlichen aus den Jahren 1997 bis 2005. Einige davon sind in Wuppertal entstanden, andere in Berlin, Köln, Halle, Leipzig und anderen ostdeutschen Städten.
Die Bilder sind uns räumlich und zeitlich zu nah, um sie zu historisieren. Vielmehr beschreiben sie einen Zustand, in dem die dramatischen Ereignisse der zurückliegenden 20 Jahre als zukünftige Möglichkeiten aufscheinen, aber noch nichts entschieden ist. Man könnte von einem »vorbewussten« Zustand sprechen, der auch Zielonys künstlerische Entwicklung und seine konzeptuelle Auseinandersetzung mit den Begriffen von Jugend und Jugendkultur einschließt.