Camera Austria – Labor für Fotografie und Theorie am Sparkassenplatz 2001

Infos

AUSSTELLUNGEN

Seiichi Furuya (JP)
»Portrait«
28.3. – 4.5.2001

Nobuyoshi Araki (JP)
»Akt-Tokyo. 1971–1991«
29.6. – 10.8.2001

Jörg Schlick (AT)
»Poésie Noire. Für Elisabeth Printschitz«
steirischer herbst ’01
7. – 28.10.2001

Ulrike Lienbacher (AT)
»Pin up Übungen, 2001 und 10+10 Fotografien, 2000«
7.12.2001 – 31.1.2002

Jörg Schlick, aus / from: Poésie Noire, 2001.

Intro

Seiichi Furuya (JP)
»Im Februar 1978 hatte Seiichi Furuya Christine Gößler zum ersten Mal fotografiert, von diesem Zeitpunkt an fast täglich. 1979 fand die erste Ausstellung dieser Portraits statt, und schon damals war sich Seiichi Furuya der Unausweichlichkeit dieses Projekts bewusst: ,Dadurch, dass ich sie sehe, sie fotografiere, sie im Bild anschaue, finde ich mich selbst‘.

Nobuyoshi Araki (JP)
Die Ausstellung »Akt-Tokyo. 1971–1991« wurde 1992 von Seiichi Furuya und Manfred Willmann für Camera Austria zusammengestellt und vom 17. 6. bis 12. 7. 1992 im Forum Stadtpark gezeigt. »Akt-Tokyo« war die erste Einzelausstellung Nobuyoshi Arakis außerhalb Japans und wurde nach Graz in Italien, Deutschland, den Niederlanden, Finnland, Dänemark, Großbritannien und Kroatien gezeigt.

Jörg Schlick (AT)
3,2 Milliarden genetische Kombinationsvarianten der Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin bilden den Ausgangspunkt für die Projetkidee von Jörg Schlick. Der in Graz lebende Künstler transponiert die Kunst in das Regelsystem der Biologie: Vier Ansichten eines gefundenen Alltagsobjekts werden fotografisch festgehalten und jeweils einer Base zugeordnet.

Ulrike Lienbacher (AT)
Die Arbeiten der österreichischen Künstlerin Ulrike Lienbacher (geboren 1963) haben den Körper und seine Transformationen im Zuge der machtvollen Geschichte der Disziplinartechniken zum Thema. Auf subtile Weise entnebeln Lienbachers Inszenierungen – sowohl in ihrem »10 + 10 Fotografien« (2000) als auch in ihrer neuesten Arbeit »Pin Up Übungen« (2001) – gängige geschlechtsspezifische Zuschreibungsmuster.

Volltext

Camera Austria – Labor für Fotografie und Theorie am Sparkassenplatz 2001

Seiichi Furuya (JP)
»Im Februar 1978 hatte Seiichi Furuya Christine Gößler zum ersten Mal fotografiert, von diesem Zeitpunkt an fast täglich. 1979 fand die erste Ausstellung dieser Portraits statt, und schon damals war sich Seiichi Furuya der Unausweichlichkeit dieses Projekts bewusst: ,Dadurch, dass ich sie sehe, sie fotografiere, sie im Bild anschaue, finde ich mich selbst‘. 1985 starb Christine Furuya-Gößler. Zeit und Raum waren fixiert in den tausenden Bildern, die in den sieben Jahren entstanden waren. Und diese Dokumente zum Sprechen zu bringen, für sich selbst und andere, und damit das Verschwinden des Gegenüber zu verhindern, das war die neue Aufgabe Furuyas seit damals.«
(Monika Faber, in: Portrait. Fotohof Edition, Salzburg, 2000)
Seiichi Furuya zeigt in dieser Ausstellung bei Camera Austria – nach Ausstellungen in Tokio, New York, San Diego, Arles und Zürich – eine Auswahl der Portraits von Christine Furuya-Gößler.

Nobuyoshi Araki (JP)
Die Ausstellung »Akt-Tokyo. 1971–1991« wurde 1992 von Seiichi Furuya und Manfred Willmann für Camera Austria zusammengestellt und vom 17. 6. bis 12. 7. 1992 im Forum Stadtpark gezeigt. »Akt-Tokyo« war die erste Einzelausstellung Nobuyoshi Arakis außerhalb Japans und wurde nach Graz in Italien, Deutschland, den Niederlanden, Finnland, Dänemark, Großbritannien und Kroatien gezeigt.
Nobuyoshi Araki hat im vergangenen Jahr alle Werke der Ausstellung – 123 Fotografien und 50 Künstlerbücher – Camera Austria als Schenkung übergeben. Aus diesem Anlass freuen wir uns, diese legendäre Ausstellung, die den internationalen Ruf Arakis mitbegründet hat, nach zehn Jahren ein zweites Mal zu präsentieren.
Der Katalog ist in der zweiten Auflage noch erhältlich.
Nobuyoshi Araki: AKT-TOKYO. 1971–1991, Edition Camera Austria

Jörg Schlick (AT)
3,2 Milliarden genetische Kombinationsvarianten der Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin bilden den Ausgangspunkt für die Projetkidee von Jörg Schlick. Der in Graz lebende Künstler transponiert die Kunst in das Regelsystem der Biologie: Vier Ansichten eines gefundenen Alltagsobjekts werden fotografisch festgehalten und jeweils einer Base zugeordnet. Durch ihre serielle Reihung entstehen Tableaus von 24 Fotoelementen, deren Ordnung einer klar definierten Abfolge der Stickstoffbasen folgt – zum Beispiel A T C T G … Der herkömmliche Inhalt des dokumentierten Gegenstandes bezieht sich in keiner Weise auf die Aussage des verfertigten Kunstprodukts. Das gewählte Objekt wird vielmehr seiner Identität beraubt, denn die Ansichten auf dasselbe dienen weder der Beschreibung seiner Funktion noch unterstreichen sie seine Bedeutung. Rein die im fotografischen Abbild enthaltene Gliederung ist für das Werk relevant. Die spezifischen Erscheinungsbilder der Motive – ob geometrische Form einer Innenraumansicht oder organisches Vokabular eines Naturabbildes – sind die Parameter, mit deren Hilfe der komplexe Aufbau genetischer Informationen zur Darstellung gelangt. Vom Gegenständlichen gelöst, spiegelt die strukturelle Beschaffenheit der Bildelemente den programmatischen Entwurf des Lebens wider.
Sind die Wahl des Objekts und der Blickwinkel subjektive Entscheidungen, so wird in weiterer Folge durch den Akt der Fotodokumentation ein Objektivierungsverfahren eingeleitet, das in der mathematischen Stringenz biochemischer Formeln gipfelt. Die Fotografie ist in diesen Visualisierungen ihrer herkömmlichen Funktion enthoben, das Einzelbild als künstlerischer Wert verschwindet. Durch die konzeptuelle Nutzung des Mediums wird das Foto konstitutiver Bestandteil der Semantik des Werkes. Selbst der Vollzug künstlerischer »Komposition« orientiert sich am Ergebnis biotechnologischer Forschung, er ordnet sich den mathematischen Gesetzmäßigkeiten der belebten Natur unter.
»Minimalist form was combined with Expressionist social comment,« schrieb Jack Anderson in der New York Times am 21.5.1985 in seiner Kritik anlässlich der Uraufführung des von Jörg Schlick choreographierten Balletts »Der Krieger«. Dieser Verweis auf das Spannungsfeld zwischen der minimalistischen Formensprache bzw. Objektgebärde (Performer) und der expressiven Darstellung gesellschaftlicher Befindlichkeit trifft einen wesentlichen Aspekt der Arbeit Schlicks.
Das künstlerische Agieren legt sich auf keine bestimmte Form der Ausdrucksweise fest, kennt keinen privilegierten Kunstort, sondern oszilliert zwischen den Territorien von Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft.
»Poésie Noire« umfasst drei 24-teilige Installationen. Die Ausstellung ist Teil des Projektes »Gleich scheuen Hirschen in Wäldern versteckt zu leben«, das Jörg Schlick für den steirischen herbst 2001 konzipiert hat.
(Monika Pessler)
Zum Projekt erscheinen ein Katalog und zwei CDs.
»Poésie Noire« ist Elisabeth Printschitz gewidmet.

Ulrike Lienbacher (AT)
Die Arbeiten der österreichischen Künstlerin Ulrike Lienbacher (geboren 1963) haben den Körper und seine Transformationen im Zuge der machtvollen Geschichte der Disziplinartechniken zum Thema. Auf subtile Weise entnebeln Lienbachers Inszenierungen – sowohl in ihrem »10 + 10 Fotografien« (2000) als auch in ihrer neuesten Arbeit »Pin Up Übungen« (2001) – gängige geschlechtsspezifische Zuschreibungsmuster. In den »Pin Up Übungen« versuchen sich Modelle, die Lienbacher vor die Kamera bat, in Nachstellungen von typischen Pin-up-Posen wie sie in Zeitschriften zu finden sind. Die Arbeit zeigt, dass sich unsere alltägliche Körpersprache einem gängigen Ordnungsschema unterwirft, in einer Art der freiwilligen Selbstkontrolle organisieren wir unseren Körper in seinen Ausdrucksmöglichkeiten bis in die Fingerspitzen durch.
In Lienbachers von feministischem Interesse geleiteter Arbeit geht es um die Konstruktionen des Körpers und seine Bildwerdungen, die seinen Objektstatus nachhaltig festigen. Lienbacher stellt jedoch auch scheinbar gesicherte Geschlechtsidentitäten in Frage, indem sie nicht nur den weiblichen, sondern auch den männlichen Körper zum Gegenstand ihrer Auseinandersetzung wählt, allerdings um zu zeigen, dass auch dieser mittlerweile seinen Subjektstatus ein Stück weit eingebüßt hat, indem er in der Ökonomie seiner Gesten in das gängige Schema der traditionell weiblichen Repräsentationsstruktur weitgehend eingepasst erscheint. So verweigert Lienbacher durch die von ihr in den »Pin Up Übungen« gewählten Bildausschnitte eine eindeutige Identifizierung des Geschlechtes. Die »Pin Up Übungen« Lienbachers zeigen dabei, dass die machtvollen Techniken der Disziplinierung des Körpers nicht voluntaristisch verworfen werden können, sondern gleichsam ins eigene Ich introjiziert sind.
Bereits in der vergangenen Arbeit »10 + 10 Fotografien« widmete sich die Künstlerin der Entdifferenzierung des Geschlechts, indem sie eine Serie von nackten Personen fotografierte, deren Körper ein Badetuch umhüllte. »Alle wichtigen Merkmale – Gesicht, Hände, Geschlecht –, an denen die Differenzierung und Identifizierung von Körpern ansetzt, bleiben dem Blick entzogen.« Christian Kravagna beschrieb diese »eigenschaftslosen Körper« als »neutralisierte Körper, denn ihnen fehlt alles, was sie als lebendige, psychische, sexuelle und sozial strukturierte Wesen auszeichnen würde.« Und folgert weiter: »Dass diese Entdifferenzierung des Körpers im Medium Fotografie geschieht, ist insofern bedeutsam, als die verschiedenen sozialen und institutionellen Gebrauchsweisen der Fotografie seit ihrer Erfindung engstens an die Diskurse der Identität und Differenz geknüpft waren.«
Camera Austria zeigt sowohl »10 + 10 Fotografien« als auch die Serie »Pin Up Übungen« – beide Arbeiten haben wir, begleitet von einem Essay von Maren Lübbke, im September 2001 publiziert.

Ausstellungen 2001

  • Einladung / invitation card
    »Seiichi Furuya: Portrait«, 2001
    Archiv Camera Austria

  • Einladung / invitation card
    »Nobuyoshi Araki: Akt-Tokyo. 1971–1991«, 2001
    Archiv Camera Austria

  • Nobuyoshi Araki »Akt-Tokyo. 1971–1991«
    Camera Austria 2001

  • Einladung / invitation card
    »Jörg Schlick: Poésie Noire. Für Elisabeth Printschitz«, 2001
    Archiv Camera Austria

  • Jörg Schlick, Jörg Schlick, Poésie Noire
    Camera Austria 2001
    Photo:

  • Einladung / invitation card
    »Ulrike Lienbacher: Pin up Übungen«, 2001
    Archiv Camera Austria

  • Ulrike Lienbacher, aus/from: Pin Up Übungen, 2001.

  • Ulrike Lienbacher, aus / from: "Double", 2004.

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