Camera Austria – Labor für Fotografie und Theorie am Sparkassenplatz 2003

Infos

AUSSTELLUNGEN

Hans-Peter Feldmann (AT)
»Graz«
Buchpräsentation am 12.1.2003
10.1. – 28.2.2003

Tatiana Lecomte (AT)
»Orte«
10.3. – 11.4.2003

»Freundschaftsspiel«
Rudolf Bonvie (DE), Petar Dabac (HR), Seiichi Furuya (JP), Matthias Herrmann (DE), Rainer Iglar (AT), Wilmar Koenig (DE), Timm Rautert (DE), Anja Rösch (DE), Hans Schabus (AT), Jörg Schlick (AT), Michael Schuster (AT), Wolfgang Vollmer (DE), Christian Wachter (AT)
Kuratiert von Manfred Willmann
27.4. – 30.5.2003

»European Eyes on Japan«
Michael Danner (DE), Margherita Spiluttini (AT), Agnieszka Wolodzko (PL)
Studio Martinelli – Palais Thienfeld
Mit Unterstützung von EU Japan Fest, Tokyo
Kuratiert von Christine Frisinghelli
26.7. – 24.8.2003

Intro

Hans-Peter Feldmann (DE)
»Ich bin eine Kamera mit weit geöffnetem Verschluss, ganz passiv, nehme auf, denke nicht. Nehme den Mann auf, der sich am Fenster gegenüber rasiert, die Frau im Kimono, die sich das Haar wäscht. Eines Tages wird das alles entwickelt, sorgfältig abgezogen, fixiert werden müssen.«

Tatiana Lecomte (AT)
Mit »Orte« stellen wir in der Galerie Camera Austria Arbeiten der 1971 in Bordeaux (FR) geborenen und in Österreich lebenden Künstlerin Tatiana Lecomte vor. Der Ausstellung ging ein monographischer Beitrag in der Ausgabe Camera Austria International Nr. 78/2002 voran: eine erste umfassende Publikation über das fotografische Schaffen der Künstlerin.

»Freundschaftsspiel«
Mit der Ausstellung »Freundschaftsspiel« werden wir im April 2003 ein letztes Mal die Ausstellungsräume in der Galerie Camera Austria am Sparkassenplatz bespielen, bevor im Herbst der Umzug in unsere neu errichteten Räume im Kunsthaus Graz ansteht. Mit diesem »Freundschaftsspiel«, dessen Team Manfred Willmann zusammenstellt, wollen wir all jenen Künstlerinnen und Künstlern danken, die in den letzten Jahren als beratende Freunde unsere Arbeit mit geprägt haben und sie – und Sie – gleichzeitig einladen, unser Projekt auch in Zukunft zu unterstützen.

»European Eyes on Japan«
Drei europäische FotokünstlerInnen wurden eingeladen, sich in zwei Präfekturen Japans, Yamagata im Nordwesten von Honshu, und Oita auf der südlichen Insel Kyushu gelegen, mit den geografischen, kulturellen und sozialen Gegebenheiten vor Ort künstlerisch auseinanderzusetzen. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden in Ausstellungen in Yamagata, Oita und in Graz präsentiert. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in Englisch und Japanisch mit Texten von Christine Frisinghelli, Mikiko Kikuta und den teilnehmenden KünstlerInnen.

Volltext

Camera Austria – Labor für Fotografie und Theorie am Sparkassenplatz 2003

Hans-Peter Feldmann (DE)
»Ich bin eine Kamera mit weit geöffnetem Verschluss, ganz passiv, nehme auf, denke nicht. Nehme den Mann auf, der sich am Fenster gegenüber rasiert, die Frau im Kimono, die sich das Haar wäscht. Eines Tages wird das alles entwickelt, sorgfältig abgezogen, fixiert werden müssen.«
Dieses Zitat von Christoph Isherwood hat Hans-Peter Feldmann als Motto für sein Künstlerbuch GRAZ gewählt, das Camera Austria als Beitrag zu Graz 2003: Kulturhauptstadt Europas herausgibt. Zur Präsentation des Buches wird Feldmann ab 10. Jänner 2003 die ca. 370 Schwarzweiß-Aufnahmen des Buches in einer Ausstellung in der Galerie Camera Austria zeigen. Die Idee für das Künstlerbuch entstand 1999 – dem Jahr, in dem die Altstadt von Graz als UNESCO-Kulturerbe registriert worden ist und Hans-Peter Feldmann der Camera-Austria-Preis der Stadt Graz verliehen wurde. Die Fotografien sind im Jänner und Juni 2002 entstanden.
Isherwoods frühes Zitat steht für die Methodik und auch Haltung Feldmanns: Sie ist geprägt von einem nicht-bewertenden Blick durch die Kamera auf die Dinge des Alltags: hier scheint alles bildwürdig zu sein, das Besondere erhält sich in Erinnerungsspuren ohne je als künstlerische Geste im Vordergrund zu stehen. Feldmanns Fotografien entwerfen ein Bild dieser Stadt, das dem Blick der Bewohner auf ihre Stadt entsprechen könnte: ihrem durch die täglichen Bewegungen durch die Stadt und nicht zuletzt durch ihre Arbeit geprägte Idee einer Stadt, in der nicht ihre Wahrzeichen oder große Ansichten wichtig sind sondern die Wege, Häuser und Plätze, die jeder einzelne Bewohner in seiner eigenen Topographie zu seinem Bild dieser Stadt zusammenfügt.

Tatiana Lecomte (AT)
Für die Ausstellung »Orte« wählte Tatiana Lecomte Aufnahmen von Landschaften und verlassenen Hütten (»les cabanes«) aus, die seit dem Jahr 2000 entstanden sind. Diesen Arbeiten wiederum sind Serien von Zeichnungen und Fotografien vorangegangen, in denen sich Lecomte mit der Wahrnehmung des kindlichen Körpers auseinandergesetzt hat. Ihre Aufnahmen von Mädchen und Jungen, auf Spielplätzen oder im Schwimmbad, erscheinen zunächst alltäglich. Sie finden eine Ergänzung in akribischen Zeichnungen von Kinderunterwäsche oder Verfremdungen des kindlichen Körpers, die hinter einer scheinbar harmlosen Oberfläche verborgene Schrecken ins Spiel bringen. Auch in ihren Landschaftsaufnahmen (die 2000 während eines Studienaufenthaltes in Japan begonnen wurden) eröffnet die Künstlerin durch das Dargestellte einen Assoziationsrahmen, der – vergleichbar ihren Aufnahmen von Kindern – an Tatorte denken lässt. Schwarzweiß-Fotografien von nächtlichen Szenerien stehen farbigen, scheinbar idyllischen Naturaufnahmen gegenüber. In beiden Fällen ist die Kamera auf versteckte Plätze in der Natur oder auf den Wegesrand gerichtet, »Orte« die der Betrachter nach Spuren oder Hinweisen absucht. Wie in »les cabanes«, einer Serie von Aufnahmen meist verriegelter Hütten in verlassenen Gegenden, fehlt in diesen Arbeiten jegliche Spur menschlicher Anwesenheit.
Tatiana Lecomte evoziert emotionale Beteiligung beim Betrachter, ohne jedoch in der Beschreibung Distanz und Zurückhaltung aufzugeben. Gleichwohl sind ihre Fotografien nicht topographisch im Sinne der Aufzeichnung geographisch definierter »Orte« sondern sie beschreiben Plätze, Schauplätze vielleicht, »gemein-Plätze« (Konnotationen des französischen Titels der Ausstellung – »Lieux communs«), deren faktische Bedeutungslosigkeit durch die ästhetischen Entscheidungen der Künstlerin aufgehoben wird.

»Freundschaftsspiel«
Mit der Ausstellung »Freundschaftsspiel« werden wir im April 2003 ein letztes Mal die Ausstellungsräume in der Galerie Camera Austria am Sparkassenplatz bespielen, bevor im Herbst der Umzug in unsere neu errichteten Räume im Kunsthaus Graz ansteht. Mit diesem »Freundschaftsspiel«, dessen Team Manfred Willmann zusammenstellt, wollen wir all jenen Künstlerinnen und Künstlern danken, die in den letzten Jahren als beratende Freunde unsere Arbeit mit geprägt haben und sie – und Sie – gleichzeitig einladen, unser Projekt auch in Zukunft zu unterstützen.
Im kommenden September wird das Kunsthaus Graz eröffnet, und an diesen neuen Ort der zeitgenössischen Kunst in Graz wird Camera Austria übersiedeln: Im Eisernen Haus werden uns Ausstellungsräume mit Bibliothek und Leseraum, Redaktionsräume sowie Werkstatt und Depots zur Verfügung stehen. Neben der Herausgabe der Zeitschrift Camera Austria International werden wir nun wieder Ausstellungsprojekte in größerem Umfang durchführen können, worauf wir uns besonders freuen!

»European Eyes on Japan«
Das Projekt »European Eyes on Japan« beruht auf einem – auf den ersten Blick – einfachen Konzept FotokünstlerInnen aus verschiedenen Ländern Europas werden eingeladen, jeweils eine der japanischen Präfekturen zum Gegenstand ihrer fotografischen Arbeit zu machen: Über die Jahre würde so eine Beschreibung des japanischen Territoriums entstehen, die von europäischen Künstlern unterschiedlicher nationaler Herkunft erstellt worden ist. Wie der Titel es sagt, geht es darum, den Blick auf Japan aus »Europäischen Augen« zu thematisieren.
Die Einfachheit dieses Konzepts trifft jedoch unmittelbar auf eine immense Komplexität von Fragestellungen: In der politischen Debatte wie auch in der künstlerischen Praxis gibt es wenige Felder, die in den letzten Jahren so intensiv zur Diskussion gestellt worden waren wie die Möglichkeiten und Bedingungen der Beschreibung ökonomischer, sozialer, geografischer Gegebenheiten und insbesondere die Frage der Repräsentation des Fremden.
Es ist in diesem Zusammenhang auch festzuhalten, dass Projekte dieser Art gerade das Medium Fotografie seit seiner Erfindung begleiten. Die Fotografie scheint das Medium par excellence zu sein, um äußere Gegebenheiten zu fixieren, ihre indexikalischen Eigenschaften finden ihren logischen Niederschlag in der Vorstellung, alle Ansichten dieser Welt zu einem totalen Archiv zusammenzufassen. Ein fotografisches Bild befriedigt unseren Wunsch nach einer gültigen und wahrhaftigen Aufzeichnung des Ortes, möge er noch so fremd, bisher ungesehen und fern sein. In einer Fotografie scheint die Welt aus sich selber zum Betrachter zu sprechen: Diese a priori Glaubwürdigkeit des fotografischen Bildes, seine Rückbindung an das Faktische, der »reality effect« den das Medium produziert, bilden eine scheinbar unerschütterliche Basis ? zumindest auf Seiten des Betrachters, der die Koppelung des bildlich Vorhandenen an das „tatsächlich einmal so Gewesene“ zum Ausgangspunkt seiner Interpretation macht. Diese Faktoren bilden aber auch die ideologischen Fallen, die von den Künstlern ins Kalkül zu nehmen sind, wollen sie die Komplexität sozialer Wirklichkeit mit der Subjektivität ihrer individuellen Standpunkte begegnen, diese beobachten, beschreiben und im Kontext eines Projektes wie dem vorliegenden darstellen.
Viele Faktoren können im Zusammenhang eines Projektes wie »European Eyes on Japan« von Interesse sein: Etwa die Tatsache, dass hier künstlerische Arbeiten im Auftrag entstehen und in diesem Sinn im Gesamtwerk der Künstler eine besondere Stellung haben: Projekte entstehen in einem definierten Zeitrahmen, die Bedingungen sind durch den Auftraggeber formuliert, und auch die Veröffentlichung (das Buch, die Ausstellung) der Ergebnisse sind möglicherweise anders als es der Fotograf für seine Arbeit vorsieht. Interessant sind aber auch die Ideen des Auftraggebers, der den »europäischen Augen« zugesteht, die Gegebenheiten von »Japan Today« auf andere Weise zu betrachten als es etwa japanische Augen tun würden, und der für den Arbeitsprozess selbst und für die Veröffentlichung der Ergebnisse beträchtliche ökonomische Mittel einsetzt und organisatorisch die Verantwortung trägt. Interessant ist in der Formulierung des Auftrags auch die Frage nach dem Selbst-Bild des Japan von heute, das mit Bild-Konstruktionen wie den hier vorliegenden künstlerischen Projekten vielleicht nur schwer in Einklang zu bringen ist.
Diese »problematische« Konstellation machen solche Projektarbeiten – natürlich – für Künstler und Kuratoren zu einer spannenden Herausforderung: Deshalb habe ich es sehr gerne übernommen, für »European Eyes on Japan 5« drei KünstlerInnen vorzuschlagen, die in den beiden Präfekturen Yamagata, im Nordwesten von Honshu gelegen, und in Oita, auf der südlichen Insel Kyushu, ihre Projekte erarbeiten sollten.
Michael Danner sollte sich auf Yamagata konzentrieren, Margherita Spiluttini ausschließlich in Oita arbeiten, während Angieszka Wolodzko beide Orte besuchen und die beiden anderen, geografisch definierten Arbeiten »verbinden« sollte.
Es war mir sehr wichtig KünstlerInnen einzuladen, deren Arbeitsweisen, Methoden und Strategien sich mit einem solchen Projekt in Einklang bringen lassen: Ihr Interesse für geografische und soziale Räume, ihre Intelligenz im Einsatz der fotografischen Mittel, und ihre sehr unterschiedlichen Formulierungsweisen und ästhetischen Entscheidungen sollten ein Panorama eröffnen, das den Betrachter einbindet in die Bewältigung der eigentlichen Herausforderung solcher Projekte: einen Standpunkt zu finden für eine Beschreibung der (fremden) Wirklichkeit, und eine Form zu finden, die die Konstruktion des Beschriebenen als Erfahrung sichtbar macht.
Christine Frisinghelli

Ausstellungen 2003

  • Einladung / invitation card
    »Hans-Peter Feldmann: Graz«, 2003
    Archiv Camera Austria

  • Hans-Peter Feldmann: Graz
    Camera Austria 2003
    Photo: Manfred Willmann

  • Hans-Peter Feldmann: Graz
    Camera Austria 2003
    Photo: Manfred Willmann

  • Einladung / invitation card
    »Tatiana Lecomte: Orte«, 2003
    Archiv Camera Austria

  • Einladung / invitation card
    »Freundschaftsspiel«, 2003
    Archiv Camera Austria

  • European Eyes on Japan
    Palais Thienfeld, 26.7.2003 – 24.8.2003
    Camera Austria 2003

  • European Eyes on Japan
    Palais Thienfeld, 26.7.2003 – 24.8.2003
    Camera Austria 2003

  • European Eyes on Japan
    Palais Thienfeld, 26.7.2003 – 24.8.2003
    Camera Austria 2003

  • European Eyes on Japan
    Palais Thienfeld, 26.7.2003 – 24.8.2003
    Camera Austria 2003

  • European Eyes on Japan
    Palais Thienfeld, 26.7.2003 – 24.8.2003
    Camera Austria 2003

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