Presseinformationen
Skulptur
Infos
Eröffnung
6.12.2013, 20:00
im Rahmen von CMRK
Ausstellungsgespräch
mit den anwesenden KünstlerInnen
7.12.2013, 13:00
Ausstellungsdauer
7.12.2013 – 16.2.2014
Mit
Laurie Kang (CA), Kasia Klimpel (PL/NL), Lotte Lyon (AT), Christian Mayer (AT), Peter Puklus (HU), Carly Steward (US), Michael Strasser (AT), Anita Witek (AT)
Öffnungszeiten
Dienstag – Sonntag: 10:00 – 17:00
Die Ausstellung ist einen Donnerstag im Monat bis 21:00 geöffnet
12. 12. 2013
16. 1. 2014
13. 2. 2014
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Pressetext
Schneiden, Schichten, Rollen, Falten; Interventionen in verschiedene Entwicklungsprozesse; Modelle, Attrappen, Bücher, Objektensembles, Relikte – von unterschiedlichen Seiten her wird die Frage von Fotografie als Material und Körper sowie ihre Verschränktheit mit der Welt der Dinge, des Realen, des Skulpturalen gestellt. Nicht der Zusammenhang zwischen Bild und Wirklichkeit steht zur Debatte, keine Frage der Repräsentation – die Konfrontation von Gegenstand und Bild ist eher eine Kollision als eine Abbildung, eine Kollision von Materialien und Körpern mit dem Visuellen oder dem Wissen, wobei etwas zurückbleibt, das zwischen Bild und Objekt oszilliert. Unter »Skulptur« ist dieser materielle Aspekt fotografischer Praktiken zu verstehen, der Fotografie als Handhabung eines Dinglichen in den Vordergrund rückt. Zum einen wird das Fotografische selbst nahezu zu einer Art Skulptur, in der das Visuelle ins Materielle kippt; zum anderen werden unterschiedlichste Dinge zu einer Form der Skulptur zusammengedrängt oder in eine solche übersetzt, die allerdings nur in und durch fotografische Verfahren selbst existiert. Insofern bezeichnen Begriffe wie Kollision und Konfrontation die Interessen an diesen Formen der Materialisierung von Bildern und Bildern als Form von Materialisierungen. Sie bezeichnen denjenigen Moment, wo das Herstellen der Bilder mit dem Sichtbaren und dem Dinglichen zusammenstößt. Dieser Zusammenstoß von Gegenstand, Bild und Bedeutung geht dabei nicht ohne Verluste, Verzerrungen, Täuschungen und falschen Annahmen vonstatten. Vor diesem Hintergrund ist Fotografie kein Feld der Versöhnung, sondern ein Feld des Konflikts, der Beeinträchtigung und des Widerstreits, in dem Körper und Materialien aufeinandertreffen und zurückbleiben. In diesem Aufeinandertreffen wird deutlich, dass wir immer noch von einer – auch – materiellen Kultur sprechen können, bei aller Virtualisierung der Bildverhältnisse und auch des Sozialen, wie es sich in den letzten Dekaden zunehmend abzuzeichnen begann.
Laurie Kang
Die »Untitled« bezeichneten Arbeiten bestehen aus Bahnen von Fotopapieren, die direkt an die Wand befestigt werden, wobei die Ecken nach vorne kippen und das Papier sich am Boden aufrollt. Es handelt sich um ein 50 Zoll breites Kodak Endura Glossy Chromogenic Paper. In den 1950er Jahren wurde mit dem »C-Type«das erste Chromogenic Paper eingeführt – seitdem hat sich die Bezeichnung »Type-C-Print« oder »C-Print« als Standardbezeichnung für Farbentwicklungen durchgesetzt. Kang (geboren 1985 in Toronto) stellt damit eines der wichtigsten Materialien zeitgenössischer Fotoproduktion des 20. Jahrhunderts aus. Sie verwischt in ihren Arbeiten, die nicht einfach als Fotografie, Collage, Skulptur oder Installation identifiziert werden können, oft die Grenze zwischen Bild und Objekt. So auch in den »Parallelogram Studies« – Montagen von beschnittenen oder auseinandergerissenen Fotopapieren. Es ist, als würden wir die ursprüngliche Leere vor Augen geführt bekommen, in die sich seit Anbeginn der Fotografie die Wirklichkeiten eingeschrieben haben. Doch wird dadurch deutlich, dass diese Einschreibungen ebenso von Beginn an auf materielle Träger angewiesen waren, die sich hier als selbstständiges Element des Fotografischen in den Vordergrund schieben.
Kasia Klimpel
Spektakuläre Himmel, Sonnenuntergänge, Landschaftshorizonte, zerklüftete Gebirge – was wie klischeehafte Bilder der Natur erscheint sind im Atelier entstandene Aufnahmen, die verschiedene Anordnungen von bearbeitetem farbigem Papier zeigen, die in mehreren Schichten übereinander gelegt und erst durch die Fotografie in etwas verwandelt werden, das als Natur gelesen werden kann (oder muss?). Sie spielen mit unserer Erwartung, Bilder zu identifizieren, ihnen Bedeutung zuzuschreiben und sie anhand bestehender Darstellungskonventionen zu identifizieren. Kasia Klimpel (geboren in Gliwice, lebt und arbeitet in Basel und Amsterdam) rekonstruiert dabei Bildvorlagen, Genres und Ästhetiken, die sie bei der Recherche nach Bildern im Internet zu Begriffen wie »Horizont« oder »Sonnenuntergang« findet, d.h. ihre Rekonstruktionen basieren selbst schon auf Konventionen der Repräsentation, die sie sich aneignet. Folgerichtig schleust sie manche dieser vermeintlichen Landschaftsbilder wieder ins Internet zurück, indem sie an entsprechenden geografischen Orten ihre Bilder in Google Maps positioniert, die dort als »Repräsentation« dieses Ortes von den UserInnen angesehen werden können (»The Grand Tour«, seit 2011).
Lotte Lyon
Japanisches Origami-Papier wird gefaltet und die Anordnung verschiedener Papierbögen von der Kamera derart in Szene gesetzt, dass sie wie Architekturen oder minimalistische Rauminstallationen wirken »Ohne Titel« (2012). Lotte Lyon (lebt und arbeitet in Wien) ist Bildhauerin und führt ihre reduzierten, geometrischen skulpturalen Arbeiten auch im Medium der Fotografie fort. Präzise Raumverhältnisse, Funktionsverschiebungen, minimale Farbcodierungen der Gegenstände oder Räume kennzeichnen ihre Strategie mit dem und am Dinglichen. In den Fotografien tauchen diese Momente ebenfalls auf: Aus einem japanischen Hotelhandtuch wird in einer neuen Arbeit »Untitled (Tenugui)« (2013) eine serielle Skulptur, deren Materialität ebenso wie ihr ursprünglicher Verwendungszusammenhang im Unklaren bleibt. Es ist diese Grenze des Identifizierbaren, das Changieren zwischen verschiedenen Möglichkeiten der Bezeichnung, das Verschleiern der Maßstäblichkeit, entlang der Lotte Lyon sowohl ihre Installationen als auch ihre Fotografien entwickelt.
Christian Mayer
Einige Arbeiten von Christian Mayer (geboren 1976 in Sigmaringen, lebt und arbeitet in Wien) aus den letzten Jahren beschäftigen sich mit Fragen der Konservierung im Hinblick auf Versuche, kulturelle Wertvorstellungen in die Zukunft zu projizieren. In dieser Hinsicht spielen immer wieder auch fotografische Verfahren und Materialien eine Rolle: »Through Historic Hole in the Rock Mormons Blasted a Path to Their Promised Land« (2011) zeigt die Vergrößerung einer Aufnahme, die 1949 während einer Expedition in Utah entstanden ist – die Landschaft selbst wurde nach dem verwendeten Film »Kodachrome Flat« benannt. Die Geschichte von Visualisierung und Archivierung von Wirklichkeit ist auch mit der Geschichte bestimmten Filmmaterials, dessen Möglichkeiten und Manipulationen verknüpft. So auch in der Serie »Silene« (2012): Diese besteht aus drei Großaufnahmen von Pflanzensamen, die 30.000 Jahre im russischen Permafrostboden konserviert und 2011 von Wissenschaftlern gefunden wurden. Den drei im Dye-Transfer-Verfahren hergestellten Abzügen fehlt jeweils eine der drei Grundfarben, wodurch sie Rot, Gelb und Blau erscheinen. In diesen Arbeiten, die sich im Kern auf Kulturtechniken der Bewahrung beziehen, zeigt sich auch die Abhängigkeit der Archivierung von Darstellungstechniken und ihren Möglichkeiten wie Einschränkungen der Aufzeichnung einer materiellen Kultur.
Peter Puklus
Das Buch Handbook to the Stars (2012) geht auf ein tableauartiges Arrangement einer Auswahl von Bildern zurück, das dann, Doppelseite für Doppelseite, sozusagen abgetastet und ins Buch übertragen wird. Durch diesen Prozess entstehen Lücken auf den Buchseiten, viele Bilder sind angeschnitten und erscheinen an einer anderen Stelle im Buch nochmals vollständig. Aus der Umkehrung dieses Vorgangs entwickelt Peter Puklus (geboren 1980, lebt und arbeitet in Budapest) eine Wandinstallation aus 32 Büchern. Nicht nur, dass diese Installation somit auf eine mehrfache Übersetzung von fotografischen Bildern zurückgeht, sondern es sind auch die Bilder selbst, die auf vorher entworfene Settings, Modelle, Collagen oder räumliche Konstruktionen verweisen. Kaum etwas ist vorgefunden, fast alles ist für die Kamera arrangiert. Das Buch dokumentiert somit vor allem diesen Umgang mit Materialien, Gegenständen, Räumen und Geometrien. Auch das Buch selbst wird dabei in ein eigenständiges Format der Präsentation übersetzt, das seiner üblichen Zirkulation, Handhabung und Leseweise entgegensteht. Es ist dieser Übergang vom Buch zur Installation, dem der Übergang von der Fotografie zur Buchseite vorangeht, der immer auch eine Transformation der Materialität der Repräsentation darstellt.
Carly Steward
(geboren 1979 in Redlands, lebt und arbeitet in Los Angeles) arrangiert in ihren »Museum Displays« Gegenstände, die in Museen zur Präsentation von Exponaten verwendet werden – merkwürdig geformte Metallobjekte, deren Funktion und Verwendungszusammenhang sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Es sind jene Dinge, die die Inszenierung eines Zeigens, die eine räumliche Dramaturgie von Ästhetik und Wissen ermöglichen, die aber, dieser Funktion beraubt, ein Eigenleben als rätselhafte Objekte zu führen beginnen, die vor allem dadurch gekennzeichnet sind, dass ihnen etwas fehlt. Die »Collagen« (2013) wiederum entstehen aus der Überarbeitung von Fotobüchern. Einschnitte, das Ausschneiden von Bildinhalten, Verformungen und das Neu-Zusammensetzen von Teilen erzeugen eine Skulptur, deren Ausgangsbedingungen kaum mehr nachvollzogen werden können, es sei denn, in der Identifizierung von Darstellungsfragmenten auf der Oberfläche. Die Praxis der Aneignung und (visuellen) Zurichtung (von Landschaft etwa) durch die Fotografie wird in dieser radikalen Praxis der materiellen Umwandlung gleichzeitig verdoppelt wie ausgelöscht. Fotografie wird hier buchstäblich als ein Material verstanden, das umgeformt, deformiert und in etwas gänzlich anderes verwandelt wird.
Michael Strasser
Für das Projekt »Solitaire« (2012) hat Michael Strasser (geboren 1977 in Innsbruck, lebt und arbeitet in Wien) ein seit 30 Jahren leerstehendes altes Bauernhaus im slowenischen Serdica zwischen Juni und September 2012 in eine Art Skulptur umgearbeitet. Das vollständige Material des ursprünglichen Gebäudes wurde auf dem Fundament neu aufgeschlichtet. Das Ausräumen, Freilegen und Stück für Stück Abtragen des fast hundert Jahre alten Gebäudes zielte vor allem auch darauf, Einblicke in die Geschichte dieses Ortes und seiner einstigen BewohnerInnen zu erlangen. Zahlreiche Details dieser Arbeit wurden dokumentiert und kommentiert, gefundene Objekte archiviert. Das Verschwinden des Raumes in seinem sozial-historischen Sinn korrespondiert mit einer fragmentarischen Rekonstruktion seiner Geschichte. Strasser interessiert dabei die Idee des »anthropologischen Raumes«, die Korrespondenz zwischen der Materialität des Raumes und seiner Konstruktion als Lebensraum, durch die dieser Raum auch eine Form der Repräsentation annimmt, die durch die Intervention des Künstlers vollständig verändert wird.
Anita Witek
Aus verschiedenen fotografischen Vorlagen, hauptsächlich Architekturbüchern, schneidet Anita Witek (lebt und arbeitet in Wien) die Motive aus, sodass lediglich die Ränder der Bilder übrigbleiben. Diese (abstrakten) »Reste« des Fotografischen werden arrangiert, geschichtet, und dieser Prozess der Überlagerung wird in unterschiedlichen Stadien fotografiert. In den dadurch entstehenden Fotoserien wird dieser Prozess nachvollziehbar, die Konstellation von Flächen und Schnitträndern wird immer komplexer, manche Teile verschwinden, werden von anderen überlagert; es entstehen zum Teil selbst architektonisch anmutende »Räume«, die plötzlich wieder dekonstruiert werden und in sich zusammenzustürzen scheinen. Die Fotografien sind Zustandsbeschreibungen dieses Vorgangs, sie zeigen einen momenthaften Ausschnitt eines materiellen Prozesses, der potenziell niemals zu einem Ende gelangt, oder aber in einer Art visuellen Entropie zu verschwinden droht. Insofern zeigen diese Serien eine Art skulpturales Arbeiten mit fotografischem Material, dessen ikonischer Gehalt in eine Konkretion des Dinglichen umgewandelt wird.
Bildmaterial
Die honorarfreie Veröffentlichung ist nur in Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausstellung und die Publikation gestattet. Wir ersuchen Sie die Fotografien vollständig und nicht in Ausschnitten wiederzugeben. Bildtitel als Download unter dem entsprechenden Link.