Camera Austria International
102 | 2008
- JENS ASTHOFF
Annette Kelm - ANNETTE KELM
- ROLF SACHSSE
Iosif Király: Tinseltown Buzescu - IOSIF KIRÁLY
- COSMIN COSTINAS
Alexandra Croitoru: Nationale Melodramen - ALEXANDRA CROITORU
- SNØKE GAU
Hrair Sarkissian: Zwischenzeiten und Zwischenräume - HRAIR SARKISSIAN
- CATHERINE DAVID
Taysir Batniji: Väter - TAYSIR BATNIJI
- RAINER BELLENBAUM
Dispositiv-Wechsel IV
Vorwort
Mit seinem “Tinseltown-Projekt” – einer über Jahre entwickelten fotografischen Untersuchung der Architektur und ihrer (Roma-)BewohnerInnen in Buzescu, einem Straßendorf südlich von Bukarest – hat Iosif Király den Versuch einer Darstellung von roma-rumänischer Transition von Tradition über Sozialismus zur Postmoderne unternommen, Rolf Sachsse diskutiert in seinem Text die dekonstruktive Methode Királys, in dessen Arbeit sich die Brüchigkeit eines dokumentarischen Anspruchs zeigt. Wo Stilkriterien zu versagen drohen, wo ästhetische Kritik zum Kolonialismus gerinnt, wird das Fotografieren zur Strategie, deren Autonomie als Kunst erst in einem späteren Betrachtungsprozess zu befragen ist. In einem weiteren Beitrag zur rumänischen Gegenwartskunst widmet sich Cosmin Costinas der Arbeit der Künstlerin Alexandra Croitoru, deren Zugang zur „rumänischen Identität“ ein Mix archäologischer Neugier ist, mitunter angetrieben von den Restbeständen der „Übergangsmentalität“, dem Eintreten für Veränderungen und „Verwestlichung“, aber stets gekennzeichnet von einer kritisch-distanzierten Offenheit.
Auch die Arbeiten des syrischen Künstlers Hrair Sarkissian kreisen um die Themenfelder der individuellen und kollektiven Erinnerung und Identität. Wir zeigen in diesem Heft Ausschnitte seiner Werkserien „Unfinished“ – Bilder von Rohbauten in verschiedenen Städten des mittleren Ostens – und „InBetween“ – sozialistische Architekturen und Gedenkstätten im Kontext des militärischen Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan. Sønke Gau liest Sarkissians Arbeiten mit den Thesen Ernesto Laclaus und seiner Theorie der Verräumlichung als Hegemonisierung von Zeit bzw. Fixierung von Bedeutung quer. Im Gegensatz zu Sarkissian verweigert der palästinensische Künstler Taysir Batniji mit seinem Projekt „Pères“ (Väter) eine direkte Abbildung der territorialen und politischen Situation der Region des Gazastreifens, und setzt dieser mit einer Sammlung von Porträts von Vätern, von arabischen Führern und Märtyrern „eine Fiktion“ entgegen, die die Frage nach konfligierenden Geschichtsvorstellungen aufwirft. Mit dem Begriff der Fiktion wie ihn Rancière geprägt hat, arbeitet sich Catherine David an dieses „stille, zurückhaltende Bild vom Wechselspiel der Spannungen und Gegensätze“ heran, „die unter dem Lärm der Erscheinungen am Werk sind“.
Volltext →Camera Austria International 102 | 2008
Vorwort
Mit seinem “Tinseltown-Projekt” – einer über Jahre entwickelten fotografischen Untersuchung der Architektur und ihrer (Roma-)BewohnerInnen in Buzescu, einem Straßendorf südlich von Bukarest – hat Iosif Király den Versuch einer Darstellung von roma-rumänischer Transition von Tradition über Sozialismus zur Postmoderne unternommen, Rolf Sachsse diskutiert in seinem Text die dekonstruktive Methode Királys, in dessen Arbeit sich die Brüchigkeit eines dokumentarischen Anspruchs zeigt. Wo Stilkriterien zu versagen drohen, wo ästhetische Kritik zum Kolonialismus gerinnt, wird das Fotografieren zur Strategie, deren Autonomie als Kunst erst in einem späteren Betrachtungsprozess zu befragen ist. In einem weiteren Beitrag zur rumänischen Gegenwartskunst widmet sich Cosmin Costinas der Arbeit der Künstlerin Alexandra Croitoru, deren Zugang zur „rumänischen Identität“ ein Mix archäologischer Neugier ist, mitunter angetrieben von den Restbeständen der „Übergangsmentalität“, dem Eintreten für Veränderungen und „Verwestlichung“, aber stets gekennzeichnet von einer kritisch-distanzierten Offenheit.
Auch die Arbeiten des syrischen Künstlers Hrair Sarkissian kreisen um die Themenfelder der individuellen und kollektiven Erinnerung und Identität. Wir zeigen in diesem Heft Ausschnitte seiner Werkserien „Unfinished“ – Bilder von Rohbauten in verschiedenen Städten des mittleren Ostens – und „InBetween“ – sozialistische Architekturen und Gedenkstätten im Kontext des militärischen Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan. Sønke Gau liest Sarkissians Arbeiten mit den Thesen Ernesto Laclaus und seiner Theorie der Verräumlichung als Hegemonisierung von Zeit bzw. Fixierung von Bedeutung quer. Im Gegensatz zu Sarkissian verweigert der palästinensische Künstler Taysir Batniji mit seinem Projekt „Pères“ (Väter) eine direkte Abbildung der territorialen und politischen Situation der Region des Gazastreifens, und setzt dieser mit einer Sammlung von Porträts von Vätern, von arabischen Führern und Märtyrern „eine Fiktion“ entgegen, die die Frage nach konfligierenden Geschichtsvorstellungen aufwirft. Mit dem Begriff der Fiktion wie ihn Rancière geprägt hat, arbeitet sich Catherine David an dieses „stille, zurückhaltende Bild vom Wechselspiel der Spannungen und Gegensätze“ heran, „die unter dem Lärm der Erscheinungen am Werk sind“.
Werden die Arbeiten der Künstler aus Rumänien und aus dem Nahen Osten, die wir in dieser Ausgabe von Camera Austria vorstellen, ausdrücklich von Bildkonzeptionen getragen, die eng an die politische Geschichte(n) der jeweiligen Herkunftsländer ihrer Produzenten geknüpft sind, so steht in der Arbeit der deutschen Künstlerin Annette Kelm deutlich die Auseinandersetzung mit verschiedenen Paradigmen des Fotografischen im Vordergrund. Kelm verknüpft in ihrer sehr eigenständig entwickelten Arbeit verschiedene Stile und Genres, entfaltet Bildthemen oft in Anlehnung an Stillleben und Porträt sowie Objekt-, Architektur- und Landschaftsfotografie, greift auch Bildsprachen der Werbung auf. Indem Kelm Repräsentationsformen des Fotografischen auslotet, verschiebt sie auch deren Koordinaten und verhandelt die Ambivalenz ihrer Bilder stets als Frage des Sehens, nicht des Wissens, wie Jens Asthoff im begleitenden Essay herausarbeitet.
Gerade in Zeiten, in denen der Kunstmarkt boomt, ist es uns wichtig, die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gebrauchsweisen der Fotografie ins Zentrum unserer Überlegungen und die verschiedenen Paradigmen des Fotografischen immer wieder neu zur Diskussion zu stellen. Deshalb verweisen wir Sie auch gerne auf unsere aktuellen Ausstellungen: Die erste Retrospektive von Hans van der Meer (natürlich mit einer Auswahl seiner Fotografien der Unterliga-Fußballvereine) ist bis 31.8. bei Camera Austria im Kunsthaus Graz zu sehen, und „I am not afraid. The Market Photo Workshop, Johannesburg“ – die Ausstellung zur Ausgabe Camera Austria Nr. 100 – wird in der Langhans Galerie in Prag (bis 18.8.2008) gezeigt. Zu einem Besuch der Ausstellungen, aber auch auf unseren Messeständen auf der kommenden Photokina Köln, beim Art Forum Berlin, bei Paris Photo und der Art Basel Miami Beach laden wir Sie herzlich ein.
Christine Frisinghelli
Maren Lübbke-Tidow
Juni 2008
Beiträge
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Annette Kelm
[…] Die Art, wie […] aus Beiläufigkeit heraus Eindringlichkeit entsteht, ist charakteristisch für Kelms Fotografie. Sie verknüpft dies mit verschiedenen Stilen und Genres, entfaltet Bildthemen oft in Anlehnung an Stillleben und Porträt sowie Objekt-, Architektur- und Landschaftsfotografie, greift auch Bildsprachen der Werbung auf. Indem Kelm Repräsentationsformen des Fotografischen auslotet, verschiebt sie auch deren Koordinaten und führt subtile Bedeutungsambivalenzen in die Darstellung ein. Das geschieht auf denkbar unpathetische Weise, mit einfachen Mitteln und klarer Formensprache. In Kelms Bildern gibt es keine Überhöhung, keine Symbolismen, kein Geheimnis. Auch Formen von Inszenierung, die sie durchaus häufig nutzt, kommen stets offensichtlich zum Einsatz. Doch die Sachlichkeit, an der Annette Kelm arbeitet, ist nicht gleichbedeutend mit Eindeutigkeit: Alles, was das Bild ausmacht, ist mit dem Bild auch da, aber in einer Weise, bei der spezifische Vagheit und selbst Auslassungen noch mitformuliert zu sein scheinen. Diese Fotos schweigen an den richtigen Stellen, legen alles offen, und doch ist oft nicht so recht einzuordnen, was man sieht. Dabei verhandelt Kelm die Ambivalenz und gerichtete Offenheit ihrer Bilder stets als Frage des Sehens, nicht des Wissens. Es mag hilfreich sein, einen Titel zu kennen oder den abgebildeten Ort, aber es nicht zu wissen macht den Zugang nie unmöglich. Viele ihrer Werke sind ohnehin “untitled“, und wenn es Titel gibt, erfährt man dadurch kaum etwas zum “Wo” und “Was” des Abgebildeten. Eher fügen sie der Darstellung zusätzliche literarisch-bildhafte Kontexte hinzu und ändern so quasi das Licht, in dem ein Gegenstand erscheint. Wie bei “To a Snail”: Kelm zitiert hier den Titel eines Gedichts der amerikanischen Lyrikerin Marianne Moore. Doch das zu wissen ist womöglich weniger wichtig als die Irritation, die der Titel ins Bild einschleust, während die Widmung “An eine Schnecke” vielleicht einen anderen Wahrnehmungshorizont assoziiert, der sich mit dem ins Dunkel gehüllten, merkwürdig begrenzten Blick aufs offene Meer verknüpft. Bedeutung drängt sich hier nie auf, Verschlüsselung oder versteckte Sinnfälligkeit aber sind Kelms Bildsprache grundsätzlich fremd. Alles liegt offen, doch es gibt keine Auflösung für das, was man sieht.
Textbeitrag in Camera Austria International 102/2008, S. 11–24.
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ANNETTE KELM
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 11–24.
Annette Kelm, Big Print #2 (Maui Fern - cotton mainsail cloth, fall 1949, design Dorothy Draper.
Courtesy: Schuhmacher & Co.), 2007. C-Print 131,5 cm × 100,5 cm. -
ANNETTE KELM
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 11–24.
Annette Kelm, Ferienhaus, Heringsdorf, Maxim-Gorki-Straße, Wolgaster Holzindustrie Aktiengesellschaft, 1900, 2008. C-print, 75,5 cm × 58 cm. -
ANNETTE KELM
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 11–24.
Doppelseite / spread: Annette Kelm, S. / pp. 16-17. -
ANNETTE KELM
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 11–24.
Annette Kelm, Gärtnerhaus, Berlin-Wannsee, Bergstraße, Wolgaster Holzindustrie Aktiengesellschaft, Architekt Johannes Lange, 1890, 2008. C-print, 75,5 cm × 58 cm. -
ANNETTE KELM
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 11–24.
Annette Kelm, To a Snail #3, 2003. C-print, 50 cm × 60 cm.
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Iosif Király: Tinseltown Buzescu
[…] Wer sich fremden Objekten mit der Kamera nähert, muss zunächst dokumentarischen Konventionen folgen, ob er will oder nicht. Iosif Király nutzt dies als unterste Ebene seiner Bildarbeit: präzise Abbildung unter passendem Licht bei größtmöglicher Detailschärfe und weitgehend exakter Ausrichtung des Geräts an den Bedingungen zentralperspektivischer Projektion. Bewusst geht Iosif Király hier ähnlich nonchalant vor, wie es Lucia Moholy einst mit den Bauhausbauten von Walter Gropius getan hatte — ganz exakt werden derartige Konventionen nicht befolgt, und vor allem, wenn er die so gewonnenen Bilder zu größeren Straßenpanoramen zusammensetzt, bleiben die perspektivischen Brüche und Beschnittkanten der Ursprungsbilder erhalten. Das Ergebnis sind Bilder aus der Tradition der shaped canvasses, wie sie sich in der amerikanischen Malerei der 1950er bis 1990er Jahre etablierte; mit dieser Tradition teilt Király auch die schreiend kitschige Farbigkeit der Bilder, die nicht nur eine Folge des Bau- und Dekorationswillens der Roma in Buzescu ist, sondern auch der ewigen Sonne vor Ort. Im Kontrast zu den bunten Straßenzügen stehen dann einzelne Panoramen der Dachlandschaften, die zudem das Drinnen und Draußen der Bauten thematisieren wie im “Marlboroman”. Die hiermit doppelte Brechung der medialen Amerikanismen im Blick auf die Häuser von Buzescu — zum einen durch die Farbe, die es so nur in den gated communities der weißen Oberschichten auf dem amerikanischen und afrikanischen Kontinent gibt, zum anderen durch die Nutzung einer Montagetechnik der Post Pop Concept Art — sollte genug deutlich machen, dass es dem Künstler Iosif Király bei seiner Annäherung an diesen Ort mindestens genauso viel um seine Arbeitsweisen zu tun ist wie um den voyeuristischen Blick auf die Bauten, den er locker uns Lesern und Bildbetrachtern unterstellen kann. Gerade weil die Perfektion der Fotomontagen diejenige der Häuser konterkariert — hier die fragilen Säulenreihen und Vordächer, dort die vermeintlich zusammengeklebten Bildchen in bestem Photoshop-Finish — spielt Iosif Király eher mit den Verhaltenserwartungen der Bildbetrachter als mit dem Gegenstand seiner Arbeit.
Textbeitrag in Camera Austria International 102/2008, S. 25–36.
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IOSIF KIRÁLY
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 25–36.
Iosif Király, aus der Serie / from the series: Tinseltown_Buzescu, seit / since 2000. C-prints, Größe variabel / dimensions variable. -
IOSIF KIRÁLY
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 25–36.
Iosif Király, aus der Serie / from the series: Tinseltown_Buzescu, seit / since 2000. C-prints, Größe variabel / dimensions variable. -
IOSIF KIRÁLY
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 25–36.
Iosif Király, aus der Serie / from the series: Tinseltown_Buzescu, seit / since 2000. C-prints, Größe variabel / dimensions variable. -
IOSIF KIRÁLY
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 25–36.
Doppelseite / spread: Iosif Király, S. / pp. 30–31.
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Alexandra Croitoru: Nationale Melodramen
Alexandra Croitoru gehört zu einer neuen Generation rumänischer Künstler, die in Verhältnissen aufgewachsen ist und zu arbeiten begann, die sich von denen vor 1989 (und selbst denen der “Übergangsphase”) grundlegend unterscheiden, ihnen aber zugleich nahe und fern genug steht, um sich Gedanken über einige der Nachwirkungen der hybriden Bewusstseinslage dieser Epoche in der sich rapide wandelnden Gesellschaft des heutigen Rumänien machen zu können. Von dieser Position aus beschäftigt sich die Künstlerin mit einer ganzen Reihe von Fragen rund um verschiedene Aspekte nationaler Eigenheiten, etwa Fragen des Feminismus und der Geschlechterkonstruktion, aber auch generellere Fragen nach Machtstrukturen, Hierarchien und dem Erwerb symbolischen Kapitals. Ihr Zugang zur „rumänischen Identität“ ist ein frischer Mix archäologischer Neugier, mitunter angetrieben von Restbeständen der „Übergangsmentalität“, dem Eintreten für Veränderung und „Verwestlichung“, aber stets gekennzeichnet von einer gewissen kritisch-distanzierten Offenheit.
[…] Mithilfe eines schlagend schlichten visuellen Alphabets für eine von den inflationären Werbebildern des entfesselten Neoliberalismus überwältigte Kultur und der cleveren Inszenierung dieser Situation durch eine anonyme (weibliche) Person, die einen temporären künstlichen Sieg über die wahren (männlichen) Machthaber feiert, gelingt Alexandra Croitoru eine böse sozial- und geschlechtskritische Darstellung jenes Bildes, das allgemein über die neue rumänische Demokratie in Umlauf ist: eine konstruierte Realität, in der heillos miteinander verquickte Strippenzieher so gegenwärtig wie eh und je sind.Textbeitrag in Camera Austria International 102/2008, S. 37–42.
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ALEXANDRA CROITORU
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 37–42.
Alexandra Croitoru, aus der Serie / from the series: ROM_, 2004 - 2006. C-prints, Größe variabel / dimensions variable. -
ALEXANDRA CROITORU
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 37–42.
Alexandra Croitoru, aus der Serie / from the series: ROM_, 2004 - 2006. C-prints, Größe variabel / dimensions variable. -
ALEXANDRA CROITORU
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 37–42.
Alexandra Croitoru, Untitled (Prime Minister), 2004. C-print, 80 cm × 67 cm. -
ALEXANDRA CROITORU
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 37–42.
Alexandra Croitoru, Untitled (Bodybuilder), 2003. C-print, 80 cm × 67 cm. -
ALEXANDRA CROITORU
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 37–42.
Doppelseite / spread: Alexandra Croitoru, S. / pp. 40–41.
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Hrair Sarkissian: Zwischenzeiten und Zwischenräume
„Unfinished“ (2007) und „InBetween“ (2006) heißen die beiden Werkreihen des 1973 in Damaskus geborenen Fotokünstlers Hrair Sarkissian, die in diesem Text besprochen werden sollen. Beide Titel bezeichnen Übergangsphasen, ein „Dazwischen“, das sich sowohl räumlich als auch zeitlich verstehen lässt. Die Aufnahmen von Rohbauten in verschiedenen Städten des Mittleren Ostens („Unfinished“) und die Ansichten von verschneiten Landschaften, Gebäuden und Denkmälern in Armenien („InBetween“) bilden auf der Ebene der Darstellung verschiedene Stadien des Transitorischen ab. Die Inszenierung des Sichtbaren, die aufwändige, fast theatralisch wirkende Ausleuchtung der Räume und der elegisch anmutende Sepia-Effekt, verweisen darüber hinaus auf eine reale oder imaginäre Vergangenheit bzw. Zukunft. Hrair Sarkissians Arbeiten kreisen um individuelle und „kollektive“ Erinnerung und Identität. […] Die Gebäude, die Sarkissian von innen fotografiert, sind in einem Stadium vor dem „Erscheinen“ als Bilder in der öffentlichen Wahrnehmung und Darstellung. Sie sind Einblicke in die Baustellen hinter den Fassaden, die in ihrer bühnenbildartigen Inszenierung den Aufführungscharakter von Architektur betonen, die immer auch Ausdruck einer Ökonomie des Begehrens ist. An der Schnittstelle von Projektionen von Außen und Innen thematisieren sie im Sinne Lacans auch, dass eine abgeschlossene Identität nicht zu erreichen ist, da sich das Begehren nach dem Realen definiert, welches immer nur als Mangel erscheint. Das „Unfertige“, das „Dazwischen“ bietet aber gleichzeitig auch die Möglichkeit einer Defixierung von Bedeutung im Sinne einer produktiven Neuverhandlung, einer Temporalisierung von Raum.
Textbeitrag in Camera Austria International 102/2008, S. 43–48.
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HRAIR SARKISSIAN
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 43–48.
Hrair Sarkissian, aus der Serie / from the series: InBetween, 2006. C-prints, je / each 100 cm × 150 cm. -
HRAIR SARKISSIAN
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 43–48.
Doppelseite / spread: Hrair Sarkissian, S. / pp. 44–45. -
HRAIR SARKISSIAN
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 43–48.
Hrair Sarkissian, aus der Serie / from the series: Unfinished, 2007. C-prints, je / each 100 cm × 150 cm.
Courtesy: Kalfayan Galleries, Athen. -
HRAIR SARKISSIAN
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 43–48.
Hrair Sarkissian, aus der Serie / from the series: InBetween, 2006. C-prints, je / each 100 cm × 150 cm.
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Taysir Batniji: Väter
Die Bilder mit dem Titel „Väter“ gehören zu einer Serie von Fotos und Videos, die im Lauf der letzten Jahre im Gazastreifen aufgenommen wurden („Ohne Titel / Mauern von Gaza” [2001], „Gaza Tagebuch” [2001], „Ohne Titel” [2001 – 2005]) und Teil eines eigenwilligen Dokumentarprojekts von Taysir Batniji sind. Dieses Projekt hat nichts mit einer direkten Abbildung der Lebensbedingungen in dem viel beschworenen „Gefängnis unter freiem Himmel” zu tun, in das man seit 1948 über eine Million Palästinenser gepfercht hat. Und es hat auch nichts mit konventioneller Reportage oder den von den Medien immer wieder reproduzierten Klischees zu tun (der Gewalt, dem Steinewerfen, den brennenden Reifen, den ärmlichen Zuständen in engen überbevölkerten Gassen usw.). Nein, den herkömmlichen Darstellungen eines durch die territoriale und politische Situation der Region überdeterminierten physischen und menschlichen Raumes setzt Taysir Batniji nichts Geringeres entgegen als eine Fiktion, die, wie Jacques Rancière betont, „nicht im Erzählen imaginärer Geschichten”, sondern „im Herstellen einer neuen Beziehung zwischen Schein und Wirklichkeit, zwischen dem Sichtbaren und seiner Bedeutung, dem Besonderen und dem Allgemeinen” besteht. Statt einer Darstellung der objektiven Kräfte, die die Einpferchung der Gazaner hervorgebracht und sowohl ihre Erbitterung als auch ihre Ermattung und Verzweiflung bewirkt haben, erfindet er lieber ein stilles, zurückhaltendes Bild vom Wechselspiel der Spannungen und Gegensätze, die unter dem Lärm der Erscheinungen am Werk sind.
Textbeitrag in Camera Austria International 102/2008, S. 49–55.
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TAYSIR BATNIJI
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 49–55.
Taysir Batniji, aus der Serie / from the series: Fathers, 2006. C-prints, je / each 45 cm × 80 cm.
Courtesy: La B.A.N.K., Paris. -
TAYSIR BATNIJI
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 49–55.
Taysir Batniji, aus der Serie / from the series: Fathers, 2006. C-prints, je / each 45 cm × 80 cm.
Courtesy: La B.A.N.K., Paris. -
TAYSIR BATNIJI
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 49–55.
Taysir Batniji, aus der Serie / from the series: Fathers, 2006. C-prints, je / each 45 cm × 80 cm.
Courtesy: La B.A.N.K., Paris. -
TAYSIR BATNIJI
Künstlerbeitrag / Artist feature in Camera Austria International 102/2008, S. / pp. 49–55.
Doppelseite / spread: Taysir Batniji, S. / pp. 54–55.
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Dispositiv-Wechsel IV
[…] In einem vorangegangenen Teil dieser Kolumne habe ich erörtert, inwiefern das Umschlagen von fotografischen und filmischen Imaginationsweisen den Blickwinkel zu öffnen vermag. Ein anderer Teil befasste sich mit dem Reflexionspotential, welches durch das Zusammenspiel architektonischer und kinematografischer Ausstellungsteile ensteht und welches den Betrachter zur eigenen Positionsbestimmung veranlasst. In diesen vierten Teil möchte ich die Frage einbeziehen, in welcher Weise die zerstreuenden Momente des Dispositiv-Wechsels zur Wirkung kommen.
Denn eine derzeit im Berliner Hamburger Bahnhof groß angelegte Schau von Wolfgang Tillmans erscheint mir weniger als die verdichtende oder kontextualisierende Präsentation einzelner in sein Werk eingegangener Themen und Praktiken, denn vielmehr als Reflex und Inszenierung einer zunehmend aufs Operative beharrenden fotografischen Haltung. Auch wenn die Impressionen, Porträts und Selbstdarstellungen, mit denen Tillmans die hedonistischen und körperbetonten Lebenstile seiner Generation in den 1990er Jahren eingefangen hat, mal vereinzelt, mal wandfüllend in der Berliner Schau auftauchen, sind diese Dokumente doch durch andere überwiegend selbstreferentielle, teils abstrakt anmutende Erzeugnisse eines produktionsästhetischen Experimentierens konterkariert. […]
Der forschende und recherchierende Betrachter mag im Zusammenspiel solcher Strategien ein komplexes Koordinatensystem entwerfen, in dem publizistisch-redaktionelle, malerische, skulpturale, kuratorische u.a. Praktiken sich in variablen Funktionsverhältnissen darstellen. Und der so informierte Blick mag sich wiederum in kontemplativer Anschauung einzelne Bilder vornehmen, mit denen Tilmans die Blicke und Leuchtspuren unserer durch Medialisierung geprägten Lebenswelt ironisch und herausfordernd eingefangen hat. Andererseits […] verführt der exzessive Stilwechsel dabei den spontanen Besucher zu einer Guck-mal-hier-und-guck-mal-da-Haltung, vor allem wo mit jeder Serie und mit jedem Arrangement divergierende inszenatorische oder kompositorische Gesten aufscheinen. Schon deshalb klingt Tillmans eigene Begründung für seinen vielseitigen Blick: „Ich sehe diese Dinge einfach gleichzeitig“, nach Hybris, geschweige denn angesichts einer Fotografie, die auf mannigfache Weise Zeit auseinandersetzt […].
Skepsis nähren in dieser Hinsicht Überlegungen, die Giorgio Agamben im Anschluss an Foucaults Dispositiv-Begriff anstellt. Für den italienischen Theoretiker ist nämlich „das äußerste Entwicklungsstadium des Kapitalismus, in dem wir leben, als eine gigantische Anhäufung und Wucherung von Dispositiven zu bestimmen“. […] Vor diesem Hintergrund scheint jene Behauptung eines gleichzeitigen Sehens sich nicht zuletzt als ein heimlicher Wunsch darzustellen, die zur streunenden Operativität neigende mediale Wahrnehmung im genialen Akt eines omnipotenten Auges aufzuheben. […]Textbeitrag in Camera Austria International 102/2008, S. 74–75.
Forum
JAN STRADTMANN
CHRISTOPH BALZAR
JULIA GRÖNING
PAUL HYNES-ALLEN
STAFFORD SMITH
THOMAS HUMERY
MICHAEL GOLDGRUBER
YAEL SCHMIDT
MARKO ZINK
Ausstellungen
Recovered Structures
Whitney Biennial 2008
Whitney Museum of American Art, New York
RACHEL BAUM
Exponential Future
Morris and Helen Belkin Art Gallery, University of British Columbia, Vancouver
CLINT BURNHAM
Art Sheffield 08: Yes, No, Other Options
Sheffield Contemporary Art Forum, Sheffield
BART VAN DER HEIDE
5th Berlin Biennial for Contemporary Art: When Things Cast No Shadows
KW Institute for Contemporary Art, Neue Nationalgalerie, Skulpturenpark Berlin_Zentrum, Schinkel Pavillon
DENISE ROBINSON
4. Triennale der Photographie
Hamburg
Sharon Lockhart
Kunstverein in Hamburg
Secession Wien
MAREN LÜBBKE-TIDOW
Thomas Demand: Camera
Kunsthalle, Hamburg
Peter Fischli, David Weiss: Fragen und Blumen. Eine Retrospektive
Deichtorhallen, Hamburg
KIRSTY BELL
Dem Elend auf den Popo klopfen
Heinrich Zille: Kinder der Straße
Akademie der Künste, Berlin
Lindenau-Museum, Altenburg
Städtische Galerie, Villingen-Schwenningen
ALICE CREISCHER UND ANDREAS SIEKMANN
Die Schweiz ist schön
Hans Finsler und die Schweizer Fotokultur
Museum für Gestaltung Zürich
Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt
FRIEDRICH TIETJEN
The Stamp of Fantasy
Fotomuseum Winterthur
Jeu de Paume, Paris
Museum Folkwang, Essen
STEVEN HUMBLET
Eija-Liisa Ahtila: A retrospective
Jeu de Paume, Paris
K21, Düsseldorf
MAUREEN TURIM
Markus Schinwald
Augarten Contemporary, Wien
Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich
WALTER SEIDL
The Body is a Vessel of Time and Air
Miyako Ishiuchi: Photographs 1976 – 2005
Langhans Galerie, Prag
Foam, Amsterdam
Michael Hoppen Gallery, London
La Filature, Scène nationale, Mulhouse
SABINE SPILLES
Maria Hahnenkamp
Salzburger Kunstverein
ULRIKE MATZER
At Your Disposal
Michael Schuster: For Your Information
Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz
REINHARD BRAUN
Derek Jarman curated by Isaac Julien
Serpentine Gallery, London
Kunsthalle, Wien
MARTIN HERBERT
Blur Life
Chris Marker: A Farewell to Movies
Museum für Gestaltung, Zürich
JOCHEN BECKER
Noh Suntag: Ausnahmezustand
Württembergischer Kunstverein
KATRIN MUNDT
Katastrophenalarm
Neue Gesellschaft für Bildende Kunst, Berlin
Tornado
General Public, Berlin
Ökomedien
Edith-Ruß-Haus für Medienkunst, Oldenburg
KRYSTIAN WOZNICKI
Bücher
Kai-Olaf Hesse: Topography of the Titanic
Belfast Exposed Photography, Belfast
ex pose Verlag, Berlin 2007
ROLF SACHSSE
Helen Levitt
powerHouse Books, Brooklyn 2008
Hatje Cantz, Ostfildern 2008
ANNE BERTRAND
It came from Memphis
Christian Patterson: Sound Affects
Kaune-Sudendorf, Köln 2008
KERSTIN STREMMEL
James Morrison: The cinema of Todd Haynes. All that heaven allows
Wallflower Press, London 2007
ANNETT BUSCH
James Benning
Synema – Gesellschaft für Film und Medien, Wien 2007
KATHRIN PETERS
Marina Grzinic: Re-politicizing Art, Theory, Representation and New Media Technology
Schlebrügge Verlag, Vienna, 2008
WALTER SEIDL
Critical Realism in Contemporary Art. Around Allan Sekula’s photography
Leuven University Press, Leuven 2006
SUSANNE HOLSCHBACH
Linda Hentschel: Bilderpolitik in Zeiten von Krieg und Terror. Medien, Macht und Geschlechterverhältnisse
b_books, Berlin 2008
SUSANNE HOLSCHBACH
Impressum
Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann. Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie
Alle: Lendkai 1, A-8020 Graz
Redaktion Graz: Christine Frisinghelli, Sabine Spilles
Assistenz: Eva Meran, Heidi OswaldRedaktion Berlin: Maren Lübbke-Tidow
Lektorat: Marie Röbl
Übersetzungen: John Doherty, Don Mader, Wilfried Prantner, Richard Watts