Camera Austria International
107 | 2009
- BEATRICE VON BISMARCK
Peggy Buth. Desire in Representation. - PEGGY BUTH
- MAREN LÜBBKE-TIDOW
Ein Gespräch mit Artur Żmijewski - ARTUR ŻMIJEWSKI
- THILO KOENIG
Atlante Italiano. Ein staatliches Auftragsprojekt auf den Spuren von DATAR - ATLANTE ITALIANO
- ALICE CREISCHER, ANDREAS SIEKMANN
Offene Fragen. Über das Verhältnis von Bildproduktion, Hegemonie und Gewalt IV
Vorwort
Die Beiträge zum vorliegenden Heft fragen auf je unterschiedliche Weise nach der Bedeutung des fotografischen / filmischen Dokuments, bzw. nach der Relevanz des Realismus-Begriffs für künstlerische Arbeit heute. Von einer dreijährigen Recherche zum 1907 eröffneten Königlichen Museum für Zentralafrika im belgischen Tervuren ausgehend, entwickelt Peggy Buth 2008 das zweibändige Künstlerbuch „Desire in Representation“. Das Material, das Buth für die Bildstrecke in diesem Heft zusammen stellt, umfasst eigene fotografische Dokumentationen des Museums, Archivbilder und -dokumente, Exzerpte aus Reiseberichten und Abenteuerromanen, das die Künstlerin zu einem Bild kolonialer Repräsentation verwebt. In fotografischen Sequenzen, einer bebilderten Textcollage sowie einem ausführlichen Register zeichnet sie, wie Beatrice von Bismarck in ihrem begleitenden Essay ausführt, auf verschiedenen narrativen Ebenen Begehrensstrukturen nach, in denen sich die Projektionen der Kolonisatoren auf das „Andere“ verfangen.
Im Gespräch mit Maren Lübbke-Tidow diskutiert Artur Żmijewski seine neueste Videoarbeit „Democracies“. Camera Austria wird „Democracies“ als Beitrag zum Thema „gleichgültig“ des steirischen herbst 09 zeigen. In dieser Serie von Dokumentarfilmen politischer Willensbekundungen in Europa, Israel und Palästina untersucht der Künstler den für das Demokratieverständnis so zentralen Freiheitsbegriff. Der radikale Realismus Żmijewskis zeigt sich in seiner Position als teilnehmender Beobachter, die unkommentierte, gleichrangige Darstellung des aufgezeichneten dokumentarischen Materials fordert vom Betrachter einen kritischen Blick auf die politische Entwicklung der Demokratien Europas. Immer wieder fordert Żmijewski mit seinen künstlerischen Interventionen den Betrachter zu unmittelbarer politischer Positionierung, darüber hinaus kennzeichnet das Moment der Kooperation seine künstlerische Praxis. Mit seiner Covergestaltung zur vorliegenden Ausgabe weist Żmijewski auf ein aktuelles Filmprojekt Yael Bartanas hin, das die israelische Künstlerin in Warschau realisiert hat. Das im Film proklamierte „Jewish Renaissance Movement in Poland“ wird in der politischen Öffentlichkeit Polens gegenwärtig äußerst kontrovers diskutiert.
Camera Austria International 107 | 2009
Vorwort
Die Beiträge zum vorliegenden Heft fragen auf je unterschiedliche Weise nach der Bedeutung des fotografischen / filmischen Dokuments, bzw. nach der Relevanz des Realismus-Begriffs für künstlerische Arbeit heute. Von einer dreijährigen Recherche zum 1907 eröffneten Königlichen Museum für Zentralafrika im belgischen Tervuren ausgehend, entwickelt Peggy Buth 2008 das zweibändige Künstlerbuch „Desire in Representation“. Das Material, das Buth für die Bildstrecke in diesem Heft zusammen stellt, umfasst eigene fotografische Dokumentationen des Museums, Archivbilder und -dokumente, Exzerpte aus Reiseberichten und Abenteuerromanen, das die Künstlerin zu einem Bild kolonialer Repräsentation verwebt. In fotografischen Sequenzen, einer bebilderten Textcollage sowie einem ausführlichen Register zeichnet sie, wie Beatrice von Bismarck in ihrem begleitenden Essay ausführt, auf verschiedenen narrativen Ebenen Begehrensstrukturen nach, in denen sich die Projektionen der Kolonisatoren auf das „Andere“ verfangen.
Im Gespräch mit Maren Lübbke-Tidow diskutiert Artur Żmijewski seine neueste Videoarbeit „Democracies“. Camera Austria wird „Democracies“ als Beitrag zum Thema „gleichgültig“ des steirischen herbst 09 zeigen. In dieser Serie von Dokumentarfilmen politischer Willensbekundungen in Europa, Israel und Palästina untersucht der Künstler den für das Demokratieverständnis so zentralen Freiheitsbegriff. Der radikale Realismus Żmijewskis zeigt sich in seiner Position als teilnehmender Beobachter, die unkommentierte, gleichrangige Darstellung des aufgezeichneten dokumentarischen Materials fordert vom Betrachter einen kritischen Blick auf die politische Entwicklung der Demokratien Europas. Immer wieder fordert Żmijewski mit seinen künstlerischen Interventionen den Betrachter zu unmittelbarer politischer Positionierung, darüber hinaus kennzeichnet das Moment der Kooperation seine künstlerische Praxis. Mit seiner Covergestaltung zur vorliegenden Ausgabe weist Żmijewski auf ein aktuelles Filmprojekt Yael Bartanas hin, das die israelische Künstlerin in Warschau realisiert hat. Das im Film proklamierte „Jewish Renaissance Movement in Poland“ wird in der politischen Öffentlichkeit Polens gegenwärtig äußerst kontrovers diskutiert.
Seit wir 1984 den von Luigi Ghirri kuratierten Beitrag „Penisola. Appunti per un Viaggio in Italia / Anmerkungen zu einer Italienreise“ publiziert haben, stand immer wieder die so besondere Beziehung italienischer Fotokünstler zu den Veränderungen der Landschaft ihres Landes im Zentrum von Beiträgen in dieser Zeitschrift. Im vorliegenden Heft diskutiert Thilo Koenig das Fotoprojekt „Atlante Italiano“ der Direzione per l’Arte e l’Architettura Contemporanee (DARC) des römischen Kultusministeriums, in dem überregional der Zustand der Landschaft und Phänomene wie die Industrialisierung zusammenhängender Landstriche, Agglomerationen, illegales Bauen und touristische Zersiedelung untersucht werden. In diesem Zusammenhang verweise ich auf Robert Adams‘ Kommentar zu unserem Juni-Heft: „Nummer 106 hob meine Stimmung … Besonders freut mich, dass es so vielen der von Euch entdeckten Fotografen in erster Linie um die Welt und erst nachher um die Ästhetik zu gehen scheint. Nicht, dass bleibende Arbeiten entstehen könnten, ohne auf die Ästhetik zu achten … aber man fängt, wie wir wissen, einfach nicht damit an.“
Ich danke – auch im Namen von Daniela Billner und Tanja Gassler, die dieses Heft editorisch betreut haben – besonders den KünstlerInnen und AutorInnen für ihre Bereitschaft, am Projekt Camera Austria mitzuarbeiten. Wirklich entscheidenden Anteil am Gelingen dieser Beiträge haben aber auch unsere ÜbersetzerInnen – allen voran Dawn Michelle d’Atri, Wilfried Prantner und Richard Watts – deren Einsatz und kontinuierliche Mitarbeit weit über das hinausgeht, was rein faktische Übersetzungsarbeit ist: Der tatsächliche Austausch zwischen allen Beteiligten an diesem Projekt, aus unterschiedlichen kulturellen Feldern kommend, wird durch sie erst möglich gemacht.
Christine Frisinghelli
September 2009
Beiträge
Forum
MANUELA BARCZEWSKI
KATIA KLOSE
DANIELA FRIEBEL
AYANA V JACKSON
ALFONS PRESSNITZ
WAYNE BARRAR
TIMOTHEUS TOMICEK
MEIKE FISCHER
Ausstellungen
Islands + Ghettos
Stadtmuseum Graz
ULRICH TRAGATSCHNIG
Sabine Bitter / Helmut Weber.
Landesgalerie Linz
MAREN RICHTER
Thomas Ruff
Kunsthalle Wien
MARIE RÖBL
Fotografie und das Unsichtbare
Albertina, Wien
HERBERT JUSTNIK
Subversive Praktiken
Württembergischen Kunstverein, Stuttgart
REINHARD BRAUN
Erzen Shkololli
DAAD-Galerie, Berlin
MAREN LÜBBKE-TIDOW
53. Biennale di Venezia
KIRSTY BELL
Traces
Foto Colectania, Barcelona
ALBERTO MARTíN
Jochen Lempert
Culturgest, Lissabon
RUI GONCALVES CEPEDA
Antun Maracic
HDLU, Zagreb
SANDRA KRIZIC ROBAN
Les Rencontres d’Arles
LUCIA PESAPANE
Harun Farocki / Rodney Graham
Jeu de Paume, Paris
CHRIS SHARP
Transphotographiques
Lille
MIRIAM ROSEN
The Death of the Audience
Secession, Wien
SABETH BUCHMANN
Depot und Plattform: Bildarchive im Postfotografischen Zeitalter
Museum für Angewandte Kunst, Köln
HERBERT JUSTNIK
Depot und Plattform: Bildarchive im Postfotografischen Zeitalter
Museum für Angewandte Kunst, Köln
DANIEL TERKL
Bücher
David Campany: Photography and Cinema
Reaktion Books, London 2008
TACO HIDDE BAKKER
John Heartfield: Zeitausschnitte. Fotomontagen 1918 – 1938
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2009
PETER KUNITZKY
Nicolas Bourriaud: The Radicant, New York 2009
MARGIT NEUHOLD
Daniel Maier-Reimer: Journeys
GFLK Surveys, Hamburg 2009
JENS ASTHOFF
SchwarzWeißAufnahme. Fotografien von Arno und Alice Schmidt aus drei Jahrzehnten
Arno Schmidt Stiftung, Barfgeld. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2009
GISLIND NABAKOWSKI
Walter Seidl: DISplay
Fotohof edition, Salzburg 2008
SILVIA EIBLMAYR
Impressum
Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann. Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie.
Alle: Lendkai 1, A-8020 Graz.
Redaktion: Christine Frisinghelli, Daniela Billner, Tanja Gassler
Redaktion Nachrichten: Heidi Oswald
Lektorat: Marie Röbl
Englisches Lektorat: Dawn Michelle d’Atri
Übersetzungen: Dawn Michelle d’Atri, Andy Jelcic, Emilia Ligniti, Wilfried Prantner, Josephine Watson, Richard Watts