Camera Austria International
29 | 1989
- CHRISTINE FRISINGHELLI
Die Rache der Erinnerung - CHRISTIAN BOLTANSKI
Les Lycée Chajes en 1931 - HANNAH COLLINS
Zeugnisse in den Straßen - GÜNTHER FÖRG
- SEIICHI FURUYA
Die Reise - CHRISTIANE RICHTER
- HENK TAS
- MANFRED WILLMANN
Die Sieger
- MASAHISA FUKASE
Karasu (Raben) - PAUL GROOT
Tristes Tropiques / Taboo: Günther Förg, Paul Groot, Peter Klashorst, Gerald van der Kaap
Vorwort
CAMERA AUSTRIA Nr.29 stellt zwei Ausstellungsprojekte in den Mittelpunkt: “ Die Rache der Erinnerung“ und „Tristes Tropiques/Taboo“. „Die Rache der Erinnerung “ war ein Beitrag des Forum Stadtpark zum steirischen herbst ’88, der sich in diesem Jahr, fünfzig Jahre nach 1938, das Thema „Schuld und Unschuld der Kunst“ gewählt hatte. Arbeiten von acht europäischen und japanischen Künstlern (Christian Boltanski, Hanna Collins, Günther Förg, Masahisa Fukase, Seiichi Furuya, Christiane Richter, Hank Tasm Manfred Willmann) waren unter dem Thema der Ausstellung zusammengebracht worden, ohne daß a priori dem Künstler die Rolle des Moralisten, Chronisten oder Aufklärers zugewiesen wurde. Eher war es darum gegangen die Differenz von Positionen zuzulassen, Erinnerung (Nach-Denken) hermetischen sich der direkten inhaltlichen Interpretation entziehenden Arbeiten „abzugewinnen“; dem Betrachter zu ermöglichen, auch eigene Erinnerung mit zu thematisieren, die Reflektion einer Arbeit in die Betrachtung einer weiteren mitzunehmen, ohne auf den ordnenden, erhellenden, erklärenden Verweis darauf, was unter „Geschichte“ zu verstehen sei.Aus der Differenz zwischen den Arbeiten sollten sich Resonanzen entwickeln. So wird der Blick auf die Ruinen, die Hannah Collins beschreibt, ihr Nachdenken über Innen und Außen, das Jetzt und das Vergangene, und der Blick auf die Architekturen Günther Jörgs ein anderer sein müssen; Christian Boltanskis Inszenierung eines Denkraumes wird auf andere Weise mit dem Grauen konfrontierten als Seiichi Furuyas Rekonstruktionen einer „Reise“ – um einige Beispiele anzuführen. In jedem Fall sind wir zum Mit-Denken aufgefordert, wollen wir unsere Überlegungen über das Hier und Jetzt und über das Vergangene(Verlorene? ) über das Klischee unserer Wahrnehmung von Wirklichkeit, und unsere Erwartungen in die Rekonstruktion dieser Wirklichkeit hinausführen.
Volltext →Camera Austria International 29 | 1989
Vorwort
CAMERA AUSTRIA Nr.29 stellt zwei Ausstellungsprojekte in den Mittelpunkt: “ Die Rache der Erinnerung“ und „Tristes Tropiques/Taboo“. „Die Rache der Erinnerung “ war ein Beitrag des Forum Stadtpark zum steirischen herbst ’88, der sich in diesem Jahr, fünfzig Jahre nach 1938, das Thema „Schuld und Unschuld der Kunst“ gewählt hatte. Arbeiten von acht europäischen und japanischen Künstlern (Christian Boltanski, Hanna Collins, Günther Förg, Masahisa Fukase, Seiichi Furuya, Christiane Richter, Hank Tasm Manfred Willmann) waren unter dem Thema der Ausstellung zusammengebracht worden, ohne daß a priori dem Künstler die Rolle des Moralisten, Chronisten oder Aufklärers zugewiesen wurde. Eher war es darum gegangen die Differenz von Positionen zuzulassen, Erinnerung (Nach-Denken) hermetischen sich der direkten inhaltlichen Interpretation entziehenden Arbeiten „abzugewinnen“; dem Betrachter zu ermöglichen, auch eigene Erinnerung mit zu thematisieren, die Reflektion einer Arbeit in die Betrachtung einer weiteren mitzunehmen, ohne auf den ordnenden, erhellenden, erklärenden Verweis darauf, was unter „Geschichte“ zu verstehen sei.Aus der Differenz zwischen den Arbeiten sollten sich Resonanzen entwickeln. So wird der Blick auf die Ruinen, die Hannah Collins beschreibt, ihr Nachdenken über Innen und Außen, das Jetzt und das Vergangene, und der Blick auf die Architekturen Günther Jörgs ein anderer sein müssen; Christian Boltanskis Inszenierung eines Denkraumes wird auf andere Weise mit dem Grauen konfrontierten als Seiichi Furuyas Rekonstruktionen einer „Reise“ – um einige Beispiele anzuführen. In jedem Fall sind wir zum Mit-Denken aufgefordert, wollen wir unsere Überlegungen über das Hier und Jetzt und über das Vergangene(Verlorene? ) über das Klischee unserer Wahrnehmung von Wirklichkeit, und unsere Erwartungen in die Rekonstruktion dieser Wirklichkeit hinausführen.
Die zweite Ausstellung „Tristes Tropiques/Taboo“, begleitet von einem Text von Paul Groot, ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Jean Baudrillard, Günther Förg, Paul Groot, Peter Klashorst und Gerald Van the Kaap. In diesem „letzten Gruß an die sterbliche Natur“ basierend auf dem 1955 erschienenen Buch „Tristes Tropiques“ (Traurige Tropfen) von Claude Levi-Stauss, und dem darauf bezugnehmenden Buch „Amérique“ von Jean Baudrillard (1986), reagierend auf Jean Jacques Rousseaus Philosophie des Entwurfes eines einfachen Lebens („Emile“, 1763), und auch auf das unberührte Natur- und Menschenbild vor Augen, das F.W.Murnau in seinem letzten Film „Tabu“ (1931) zeichnete, erleben wir „das schlichte Vergnügen des Reise-Esays, die gemeinsame Reise durch Unbekanntes, wo der Schriftsteller zum Fotografen wird, und der Maler den Pinsel mit der Feder vertauschen kann“. (Paul Groot)
Weitere Schwerpunkte dieses Heftes sind ein Interview mit F.C. Grundlach (Fotograf, Galerist, Sammler), das Thilo Koenig führte, Ausstelungs- und Buchbesprechungen, ein Verlagsporträt der Edition Patricia Schwarz, Stuttgart, und der Index der Hefte Nr. 22 – 28 von CAMERA AUSTRIA.
Wir danken den Künstlern, den Leihgebern und Mitarbeitern für ihre Beiträge zu diesem Heft, und besonders dem steirischen herbst und seinem Intendanten Dr. Peter Vujica für die finanzielle Unterstützung unseres Ausstellungsprjektes. Unseren Lesern danken wir für das Interesse, daß sie CAMERA AUSTRIA entgegenbringen.
Manfred Willmann, Christine Frisinghelli
Beiträge
Forum
Pierre Houcmant
Winnifred Limburg
Jan-Pieter van der Heuvel
Heather Forbes
Josee Visser
Patricia Desmarquest
Ausstellungen
Chris Killip: The Curator’s Egg. „Photography Now“. Victoria & Albert Museum, London
Thilo Koenig: Faschismus und Nach-Krieg. „Geschichte in Arbeit“ auf Hamburger Ausstellungen. Kunsthaus / Kunstverein Hamburg; PPS.-Galerie F.C. Gundlach, Hamburg
Reinhold Mißelbeck: Joe Gantz. Retrospektive der letzten drei Serien. Galerie Torch-Onrust, Köln
Hermann Candussi: Internationale Photoszene Köln
Bücher
Gisela Bartens: Gegen den Leerlauf der Kunstmaschine. Zu Publikationen der Edition Patricia Schwarz, Stuttgart: David Robbins. The Camera Believes Everything; Jean-Pierre Dubost. Wiederholter Anlauf zu einer unabschließbaren Rede über das Verschwinden der Welt; Jean-François Lyotard. Die Transformatoren Duchamp; Jean-François Lyotard. Über Daniel Buren; Albert Oehlen, Martin Kippenberger. no problem; Jean-Luc Nancy. Die undarstellbare Gemeinschaft; Reinhold Urmetzer. Wolfgang Rihm; Manfred Moser. Schönheit, Schnitt und Narbe; Josef Kosuth. Interviews 1967 – 1987; Martin Kippenberger. Gelenke I; Albert Oehlen. Gelenke II
Hermann Candussi: August Sander. Köln wie es war
Rolf Sachsse: Aus dem Museum. Pierre Bonnard. Photograph; Charles Nègre 1820 – 1880. Das photographische Werk
Hermann Candussi: 2 x Großbritannien. British Photography. Towards a Bigger Picture; Matter of Facts. Photographie Art Contemporain en Grande Bretagne
Hermann Candussi: Zwei Bücher zur Fotografie aus der UDSSR. Die zeitgenössische Photographie in der Sowjetunion. Reportagen sozialer Wirklichkeit; Toisinnäkijät. Seeing Things Differently. The New Soviet Photography; Roots + Turns. 20th Century Photography in the Netherlands
Thilo Koenig: Bilder vom Feind. Englische Pressefotografien im Nachkriegsdeutschland
Impressum
Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann.
Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie.
Alle: FORUM STADTPARK, Stadtpark 1, A-8010 Graz
Redaktion: Christine Frisinghelli
Redaktionelle Mitarbeit: Hermann Candussi, Lore Gellner