Camera Austria International
70 | 2000
- HANS PETER FELDMANN
- JACOB GROOT
Gerald van der Kaap. Was wir tun - GERALD VAN DER KAAP
- SVEN LÜTTICKEN
Thomas Ruff: Die Kunst des Anachronismus - THOMAS RUFF
- CHRISTIAN WOZNICKI
Imageproblem Stadt. Zu den archivarischen Fotoprojekten von Sean Snyder - SEAN SNYDER
- ROLF SACHSSE
Marginalien zur österreichischen Fotografie
Vorwort
„Was wir tun“ ist der Titel des Beitrages, den der niederländische Künstler Gerald Van Der Kaap für CAMERA AUSTRIA Nr. 70 zusammengestellt hat. Eine Montage von Texten (ausgewählt von Jacob Groot) ergänzt die Bildarbeiten: Texte, die gesellschaftliches, politisches Handeln dezidiert in die Hand des (verantwortungsvoll agierenden) Einzelnen legen wollen. Die künstlerischen Strategien Van Der Kaaps waren zu jeder Zeit auf Öffentlichkeit ausgerichtet: Das Herausgeben von Zeitschriften, Betreiben von Radio- und Fernsehstationen, die Untersuchungen des internationalen Börsenmarktes, seine Arbeit als VJ und Veranstalter von Musik/Bild-Ereignissen hat er stets parallel mit der Herstellung, Bearbeitung und Distribution von Bildern verfolgt. „This“, ein Bild aus 1988, wurde von ihm als Titel dieses Heftes vorgeschlagen.
CAMERA AUSTRIA Nr. 70 schließt an die von Jörg Schlick gestaltete Ausgabe Nr. 69 an: Mit diesem Heft haben wir nicht nur auf die jüngsten politischen Entwicklungen in Österreich reagiert, diese Entscheidung bedeutete auch, die Arbeit an einem schon vorgeplanten Heft zurückzustellen. In der vorliegenden Ausgabe von CAMERA AUSTRIA finden Sie nun jene Beiträge, an denen wir seit einigen Monaten arbeiten und die wir nach dem Einschnitt, den Nr. 69 signalisierte, fertiggestellt haben. Wir wollen nicht „zur Tagesordnung“ übergehen, sondern mit der in CAMERA AUSTRIA Nr. 69 angekündigten und mit dieser Ausgabe eingerichteten Plattform den kritischen Diskurs fortsetzen und die kulturpolitische Debatte, wie sie die österreichische Gegenwart und die internationalen Reaktionen darauf fordern, im Zusammenhang der kritischen Debatte internationaler Gegenwartskunst wahrnehmen.(…)
Der Beitrag von Hans-Peter Feldmann ist im Zusammenhang mit der Vergabe des CAMERA AUSTRIA-Preises der Stadt Graz für internationale zeitgenössische Fotografie 1999 an den Künstler entstanden. Seit 1968 untersucht Hans-Peter Feldmann fotografische Bilder – Bildklischees, die unsere Vorstellungs- und Wahrnehmungswelt definieren, analysiert er unser kollektives Bild-Gedächtnis, betreibt er seine Kunst als nonverbale, visuelle Wissenschaft. (…)
Auch der amerikanische Künstler Sean Snyder widmet sich in seiner Arbeit archivarischen Fotoprojekten. Sein Untersuchungsgegenstand sind urbane Strukturen im Spannungsfeld von visuellen Standards und ihrer kritischen Reflektion. In seiner Stadtfotografie geht es um die Sichtbarmachung globaler (städtebaulicher) Leitlinien unter lokalen Bedingungen. (…)
Camera Austria International 70 | 2000
Vorwort
„Was wir tun“ ist der Titel des Beitrages, den der niederländische Künstler Gerald Van Der Kaap für CAMERA AUSTRIA Nr. 70 zusammengestellt hat. Eine Montage von Texten (ausgewählt von Jacob Groot) ergänzt die Bildarbeiten: Texte, die gesellschaftliches, politisches Handeln dezidiert in die Hand des (verantwortungsvoll agierenden) Einzelnen legen wollen. Die künstlerischen Strategien Van Der Kaaps waren zu jeder Zeit auf Öffentlichkeit ausgerichtet: Das Herausgeben von Zeitschriften, Betreiben von Radio- und Fernsehstationen, die Untersuchungen des internationalen Börsenmarktes, seine Arbeit als VJ und Veranstalter von Musik/Bild-Ereignissen hat er stets parallel mit der Herstellung, Bearbeitung und Distribution von Bildern verfolgt. „This“, ein Bild aus 1988, wurde von ihm als Titel dieses Heftes vorgeschlagen.
CAMERA AUSTRIA Nr. 70 schließt an die von Jörg Schlick gestaltete Ausgabe Nr. 69 an: Mit diesem Heft haben wir nicht nur auf die jüngsten politischen Entwicklungen in Österreich reagiert, diese Entscheidung bedeutete auch, die Arbeit an einem schon vorgeplanten Heft zurückzustellen. In der vorliegenden Ausgabe von CAMERA AUSTRIA finden Sie nun jene Beiträge, an denen wir seit einigen Monaten arbeiten und die wir nach dem Einschnitt, den Nr. 69 signalisierte, fertiggestellt haben. Wir wollen nicht „zur Tagesordnung“ übergehen, sondern mit der in CAMERA AUSTRIA Nr. 69 angekündigten und mit dieser Ausgabe eingerichteten Plattform den kritischen Diskurs fortsetzen und die kulturpolitische Debatte, wie sie die österreichische Gegenwart und die internationalen Reaktionen darauf fordern, im Zusammenhang der kritischen Debatte internationaler Gegenwartskunst wahrnehmen.(…)
Der Beitrag von Hans-Peter Feldmann ist im Zusammenhang mit der Vergabe des CAMERA AUSTRIA-Preises der Stadt Graz für internationale zeitgenössische Fotografie 1999 an den Künstler entstanden. Seit 1968 untersucht Hans-Peter Feldmann fotografische Bilder – Bildklischees, die unsere Vorstellungs- und Wahrnehmungswelt definieren, analysiert er unser kollektives Bild-Gedächtnis, betreibt er seine Kunst als nonverbale, visuelle Wissenschaft. (…)
Auch der amerikanische Künstler Sean Snyder widmet sich in seiner Arbeit archivarischen Fotoprojekten. Sein Untersuchungsgegenstand sind urbane Strukturen im Spannungsfeld von visuellen Standards und ihrer kritischen Reflektion. In seiner Stadtfotografie geht es um die Sichtbarmachung globaler (städtebaulicher) Leitlinien unter lokalen Bedingungen. (…)
Thomas Ruff hat sich in seiner Arbeit wiederholt an fotografischen Bildgattungen orientiert, die sich an eine breite Öffentlichkeit wenden bzw. durch den öffentlichen Gebrauch über die rein bildhafte Darstellung hinausgehend in den gesellschaftlichen Raum eingeschrieben sind: Porträts, Ansichtskarten, Fahndungsbilder etc. In seiner neuesten Serie „Nudes“ bearbeitet er Bilder, die eine private Sphäre suggerieren – amateurhafte, pornografische Aufnahmen –, die jedoch auch als öffentlich verfügbares Material längst keinen Schrecken mehr zu provozieren vermögen. (…)
ÖSTERREICH 2000: Angesichts des von der Freiheitlichen Partei seit langem angekündigten Kulturkampfes befürchten wir, dass die Reduktion von Komplexität zum Leitmotiv einer neuen kulturpolitischen Linie in Österreich werden könnte. Mit CAMERA AUSTRIA Nr. 69 haben wir Zäsur sichtbar gemacht, gleichzeitig wollen wir verdeutlichen, dass wir in unserer Zeitschrift den Raum beanspruchen und bieten wollen, die kultur- und gesellschaftspolitischen Veränderungen zu bearbeiten, eine kulturpolitische Debatte zu initiieren, die sich der Problematik des Umgangs mit einer Politikform stellt, die in die Definitionsphäre von Kunst und Kultur einzugreifen droht, ja, die über Kultur eine neue (nationale) Identität zu formen beabsichtigt – eine Politikform, für die wir Kulturschaffenden erst eine Sprache im Umgang finden müssen.
Dass Kommentar und Stellungnahme zur politischen Situation nicht nur uns ein Anliegen ist, haben uns die überwältigenden Reaktionen gezeigt, die uns in der Redaktion nach der Auslieferung des letzten Heftes vor knapp einem Monat erreicht haben, und die sich keineswegs nur auf Österreich beschränkt haben. Weit mehr als 200 KünstlerInnen und AutorInnen haben uns Beiträge übermittelt bzw. angekündigt. Unser Korrespondent Rolf Sachsse z.B. hat seine für diese Ausgabe vorgesehene „Marginalie zur Fotografie“ zurückgestellt und spontan einen neuen Text – „The Video Man“ – zur Mediatisierung Jörg Haiders verfasst.
Die Form für eine politische Plattform bleibt zunächst offen. Wir haben uns dazu entschlossen, in diesem Heft auf über 40 Seiten einen ersten Ausschnitt der eingegangenen Diskussionsbeiträge zu publizieren; wir hoffen, dass sich in den folgenden Heften eine Feindifferenzierung ergibt und sich wichtige zu verhandelnde Fragen herauskristallisieren. Es ist unser Anliegen, dass die Debatte über spontane und bloße Solidaritätsbekundungen hinausgeht, wir uns in unserer Analyse nicht nur auf die österreichische Situation beschränken, sondern generell das Verhälnis von Kunst und Politik bzw. die Rolle des Künstlers als politisches Subjekt stärker reflektieren. Kunst – als komplexer Prozess von Bedeutungszuweisungen – bietet eine Vielzahl möglicher Interpretationen an, die in der Öffentlichkeit, am Ort des Politischen, zur Debatte stehen. Diese Debatte ermöglicht das Austragen von Konflikten, in denen die Ordnungen, Normvorstellungen, Sicherheiten, mit denen wir uns umgeben, ebenso wie Differenzen und Freiräume immer wieder neu zu verhandeln sind.
Wir bedanken uns an dieser Stelle bei all denjenigen, die uns Beiträge geschickt haben, die wir z. T. in dieser ersten Runde nicht berücksichtigen konnten – wir werden uns bemühen, mit Ihnen allen den Austausch zu suchen. Wir hoffen weiterhin auf Ihre rege Teilnahme an einer kritischen Debatte.
Christine Frisinghelli, Maren Lübbke, Marie Röbl, Manfred Willmann
April 2000
Beiträge
Forum
NICOLE WERMERS
CAROLINE MAY
KAI-ANNETT BECKER
INGA KNÖLKE
KELLY WOOD
ALEXIA WALTHER
DAVID WEIGHTMAN
SUE PARKHILL
Ausstellungen
Sam Taylor-Wood: „Soliloquies“ and Third Party
Matthew Marks Gallery, New York
CARLO McCORMICK
Linda McCartney’s Sixties
Tampa Museum of Art, Tampa/Florida
ANNE BARCLEY MORGAN
Mirror’s Edge
BildMuseet Umeå,Vancouver Art Gallery, Castello di Rivoli, Torino
PATRICK MOREAU
Retrace your Steps: Remember Tomorrow
Contemporary artists at Sir John Soane’s Museum
JOHN TOZER
John Davies
Musée national d’art moderne, Centre Georges Pompidou Paris; Galerie Cent8, Paris
JULIA GARIMORTH
Porträt Afrika. Fotografische Positionen eines Jahrhunderts
Haus der Kulturen der Welt, Berlin
CAROLIN FÖRSTER
Sarah Jones
Folkwang Museum Essen, Huis Marseille, Amsterdam
MAGDALENA KRÖNER
Ansicht Aussicht Einsicht
Museum Bochum, Galerie für zeitgenössische Kunst, Leipzig
JENS SCHRÖTER
Ute Behrend – Märchenwelt
Sabine Schmidt Galerie, Köln
WOLFGANG VOLLMER
Ist LowTech etwa Modern? LowTech. billiger, schöner, langsamer
Shedhalle Zürich
RACHEL MADER
Dinge, die wir nicht verstehen
Generali Foundation, Wien
EDITH FUTSCHER
Bekanntschaften. Helmut Kandl, Johanna Kandl, Leo Kandl
Galerie Menotti, Baden/Wien
BRIGITTE HUCK
Alice Schalek (1874 – 1956): Vom Samoa zum Isonzo
Jüdisches Museum, Wien
MARIE RÖBL
Eine Skulptur ohne klare Begrenzung. Zur Ausstellung „Troubled Walls“ von Herwig Kempinger
Fotogalerie Wien
MONIKA FABER
Wien-Rundgang: Gregor Zivic, Raum aktueller Kunst, Wien; Constanze Ruhm,
Kerstin Engholm Galerie, Wien; Beat Streuli, Galerie Meyer-Kainer, Wien
MAREN LÜBBKE
The Invisible Touch
Kunstraum Innsbruck
MAREN LÜBBKE
Von Gebäuden erzählen – 4.Medien+Architektur Biennale
Thalia, Next Liberty, Graz
VRÄÄTH ÖHNER
Publi©domain – 3.Österreichische Triennale zur Fotografie
Eisernes Haus, Graz
HERWIG HÖLLER
Bücher
Skiagraphia – Metaphorische Ursprünge der Fotografie
Peter Bexte, Victor I. Stoichita, Michael Baxandall
MICHAEL WETZEL
ANACHRONISMUS ALS PRINZIP. Georges Didi-Huberman über den Abdruck
DuMont Verlag, Köln
STEFAN NEUNER
Wilfried Petzi: Rough Mix. Fotografien zur Kunst 88 – 99
Mosel und Tschechow, München
MICHAEL HAUFFEN
Von der Anatomie zur Medientheorie – Sektionen künstlicher Körper
Katharina Sykora, Unheimliche Paarungen / Christina Lammer, Die Puppe.
VERENA KUNI
Hamid Naficy (Hg./Ed.): HOME, EXILE, HOMELAND. Film, Media and the Politics of Place
Routledge, New York / London
DREHLI ROBNIK
Ed van der Elsken: Love on the left bank
Dewi Lewis Publishing, Stockport / Schaden Verlag, Köln
RIK SUERMONDT
Richard Avendon/Doon Arbus: The Sixties
Schirmer / Mosel Verlag, München
MAGDALENA KRÖNER
Impressum
Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann. Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie
Alle: Sparkassenplatz 2, A-8010 Graz
Redaktion: Christine Frisinghelli
Assistenz: Maren Lübbke, Marie Röbl, Judith Schwentner
Übersetzungen: Wilfried Prantner, Richard Watts