Camera Austria International

89 | 2005

  • THOMAS WESKI
    Robert Adams: Die Suche nach Frieden ist eine lange Reise
  • ROBERT ADAMS
  • MANISHA JOTHADY
    Peter Piller: Ein Tennisball, der beim Hecke-Schneiden zum Vorschein kommt, erinnert an Gewölle
  • PETER PILLER
  • WOLFGANG KOS
    Gelegentlich Fotos. Zum ephemeren Gesamtkunstwerk der Ingeborg Strobl
  • INGEBORG STROBL
  • DANIEL BAUMANN
    Gott. Interview mit Piotr Uklanski
  • PIOTR UKLAŃSKI
  • TOM HOLERT
    Massenmedien-Akte

Vorwort

Seine Idee der Gleichzeitigkeit von überbordender visueller Fülle und unendlicher Leere, von unbestechlicher Schönheit und totaler Abgedroschenheit hat uns zu einem Beitrag mit Piotr Uklanski gereizt. Mit seinen überzeugenden Konzepten geht er das Thema der Entleerung des Bildes an, ein Paradigma in der neueren zeitgenössischen Fotografie. Daniel Baumanns Interview mit Uklanski ist dessen Kunst sehr ähnlich: „Es entzieht sich immer wieder, zwischendurch ist es sehr interessant, dann etwas fies, dann ohne Sinn usw.“ Baumann versucht, Uklanski moralisch in die Verantwortung zu nehmen, nur um ihn am Ende in seiner Verweigerungshaltung zu bestärken. Im Gegensatz dazu erlauben alle weiteren in dieser Ausgabe vorgestellten KünstlerInnen die Annäherung an ihr Werk sehr wohl über gesellschaftspolitische Fragestellungen:
„Fuck the Universe“ ist zwar auch ein Movens für die Arbeit Ingeborg Strobls, auch ihr Werk unterliegt dem „Gesetz der Streuung“, indem sich „fast nichts stabil zusammenfügt“ und Fotografie „in Ansammlungen, Reihen und wilden Mischverhältnissen“ anzutreffen ist. Dennoch kommt Wolfgang Kos in seinem Essay eindeutig zu dem Schluss, „dass Frau Strobl eine sehr ernste und politisch denkende Künstlerin ist. Sie neigt zu großen Zusammenhängen, mit ökologischem und zivilisationskritischem Impetus, ja manchmal sogar mit Ingrimm.“

Volltext

Camera Austria International 89 | 2005
Vorwort

Seine Idee der Gleichzeitigkeit von überbordender visueller Fülle und unendlicher Leere, von unbestechlicher Schönheit und totaler Abgedroschenheit hat uns zu einem Beitrag mit Piotr Uklanski gereizt. Mit seinen überzeugenden Konzepten geht er das Thema der Entleerung des Bildes an, ein Paradigma in der neueren zeitgenössischen Fotografie. Daniel Baumanns Interview mit Uklan´ski ist dessen Kunst sehr ähnlich: „Es entzieht sich immer wieder, zwischendurch ist es sehr interessant, dann etwas fies, dann ohne Sinn usw.“ Baumann versucht, Uklanski moralisch in die Verantwortung zu nehmen, nur um ihn am Ende in seiner Verweigerungshaltung zu bestärken. Im Gegensatz dazu erlauben alle weiteren in dieser Ausgabe vorgestellten KünstlerInnen die Annäherung an ihr Werk sehr wohl über gesellschaftspolitische Fragestellungen:
„Fuck the Universe“ ist zwar auch ein Movens für die Arbeit Ingeborg Strobls, auch ihr Werk unterliegt dem „Gesetz der Streuung“, indem sich „fast nichts stabil zusammenfügt“ und Fotografie „in Ansammlungen, Reihen und wilden Mischverhältnissen“ anzutreffen ist. Dennoch kommt Wolfgang Kos in seinem Essay eindeutig zu dem Schluss, „dass Frau Strobl eine sehr ernste und politisch denkende Künstlerin ist. Sie neigt zu großen Zusammenhängen, mit ökologischem und zivilisationskritischem Impetus, ja manchmal sogar mit Ingrimm.“

Politisches Engagement zeichnet auch Robert Adams aus, der seine Dokumentarfotografie immer mit dem Ziel der Gesellschaftsanalyse verbunden hat und ein ausgewiesener Kritiker kapitalistischer Gewinnsucht amerikanischer Prägung ist. Thomas Weski widmet sich in seinem Beitrag den beiden Werkserien „The New West“ (1974) (auf ein Gespräch dazu mit Robert Adams in Camera Austria Nr. 9/1983 möchten wir hier gerade unsere jüngeren Leser verweisen) und „Turning Back“, die als Buch und Ausstellung in diesem Jahr veröffentlicht wird. Zwischen diesen zwei Büchern von Robert Adams liegt eine fast 40-jährige Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Westen: „Sie beschreiben die geografischen und thematischen Pole des Lebensweges dieses bedeutenden Fotografen, dessen Biografie eng mit dem „Go West!“ der frühen Siedler verbunden ist.“ In den Fotografien von Adams geht es um die Veränderung der (amerikanischen) Landschaft, ihre Zersiedelung und zunehmende Suburbanisierung. Es ist uns ein Anliegen, an dieser Stelle Robert Adams für seine Verbundenheit über die Jahrzehnte hinweg zu danken!

Manisha Jothady hat sich mit der Arbeit des in Hamburg lebenden Künstlers Peter Piller auseinander gesetzt. Kunst entsteht für ihn aus mehr oder minder absichtsvollen Bildansammlungen und deren systematischer Strukturierung. Neben den mehreren tausend Ausschnitten von Regionalzeitungsfotos fand zuletzt ein kommerzielles Luftbildarchiv deutscher Eigenheime der frühen achtziger Jahre Eingang in das „Archiv Peter Piller“. Der Künstler hat die Aufnahmen in rund 100 Sammelgebiete neu geordnet und zum Teil in Büchern (wieder)veröffentlicht.

Veröffentlicht in dieser Ausgabe findet sich weiters die Laudatio, die Herta Wolf anlässlich der Übergabe des Würdigungspreises für künstlerische Fotografie des Österreichischen Bundeskanzleramtes an Seiichi Furuya im Dezember 2004 im Rahmen der Eröffnung der Ausstellung „Seiichi Furuya: alive“ bei Camera Austria gehalten hat. Herta Wolf fügt dem fotografischen Werk Furuyas eine neue Dimension in der Interpretation hinzu, indem sie einerseits die kulturelle Differenz, die dem Furuya’schen Werk eingeschrieben ist, in den Mittelpunkt ihrer Annäherung stellt und andererseits auch dessen „literarischen“ Aspekt würdigt, den Seiichi Furuya in seiner dafür zusammengestellten Bildreihe „illustriert“.

Seit der vorangegangenen Ausgabe ist es uns eine besondere Freude, mit einem der wichtigsten Kulturtheoretiker des deutschsprachigen Raums zusammenzuarbeiten: Tom Holert setzt in der vorliegenden Ausgabe seine Essayreihe „Massenmedien-Akte: Über visuelle Programmierungen des politischen Raums“ fort.

Christine Frisinghelli

Beiträge

Forum

STEFFI KLENZ

GREGOR GRAFF

ANJA JENSEN

IRIS JANKE

EBRU ERÜLKÜ

BARBARA JAKSE JERSIC

ZILOLA SAIDOVA

STANE JERSIC

BOLTAEV SHAVKAT

Ausstellungen

Christopher Muller: So near, So Far
JOHANNA DI BLASI

Tue Greenfort: Dänische Schweine und andere Märkte
RAIMAR STANGE

Erich Salomon: Mit Frack und Linse durch Politik und Gesellschaft
CAROLIN FÖRSTER

Modern Is New Again
RACHEL BAUM

Systemstörung
MAREN LÜBBKE-TIDOW

Nedko Solakov: A 12 1/3 (and even more) Year Survey
NINA SCHEDLMAYER

Atlas Group Archives: „Nassar Files“ and „Fakhouri File“
TERENCE DICK

Funky Lessons
HANS-JÜRGEN HAFNER

Shanghai Surprise
HIAS WRBA

Durchblicke Durchbrüche. Kunst – Fotografie – Architektur. Die Sammlung 1
CAROLIN FÖRSTER

Eine Andere Welt ist möglich. International Documentary Festival Amsterdam
ALEXANDRA SCHEELE

Zwei Realismen – Diesseits und Jenseits der modernistischen Fotografie. Moriyama : Shinjuku : Araki
MINORU SHIMIZU

Bücher

Screenwise. Film. Fernsehen. Feminismus
DREHLI ROBNIK

Neuerscheinungen / New Books

Timothy Greenfield-Sanders: XXX 30 Porn Star Portraits
CARLO MCCORMICK

Guy Brett’s Selected Writings: Carnival of Perception Or Angel With a Gun?
DENISE ROBINSON

Memento Vitae. Matthias Herrmann: 8 X 10″
FRIEDRICH TIETJEN

Winfried Paulet: Filmstandbilder. Passagen zwischen Kunst und Kino
KATHRIN PETERS

Impressum

Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann. Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie
Alle: Lendkai 1, A-8020 Graz

Redaktion Graz: Reinhard Braun, Christine Frisinghelli, Manisha Jothady
Redaktion Berlin: Maren Lübbke-Tidow

Lektorat: Marie Röbl
Übersetzungen: Wilfried Prantner, Richard Watts