Camera Austria International

94 | 2006

  • MARK HAWORTH-BOOTH
    Lee Friedlander
  • LEE FRIEDLANDER
  • JO SPENCE
    Die dokumentarische Praxis infrage stellen?
  • JORGE RIBALTA
    Die anhaltende Relevanz von Jo Spence
  • JO SPENCE
  • BARBARA CLAUSEN
    "sichtbar werden", ein Gespräch mit Anita Witek
  • ANITA WITEK
  • BASAK SENOVA
    Banu Cennetoğlu: Fernüberwachung des Ungewissen.
  • BANU CENNETOGLU
  • RUTH SONDEREGGER
    Kritische Theorie Gesellschaftlicher Bilder II

Vorwort

In dieser Ausgabe von Camera Austria stellen wir Ihnen mit Lee Friedlander und Jo Spence zwei künstlerische Positionen vor, die die Produktion und Rezeption von Fotografie gleichermaßen wesentlich beeinflusst haben. Lee Friedlander (den wir bereits 1977 ausgestellt haben und 1979 zu unserem ersten „Symposion über Fotografie“ einluden) hat durch die Komplexität, visuelle Intelligenz und Ironie seiner Bild-Arbeit mehrere Generationen von FotografInnen nachhaltig geprägt, sein Werk ist durch die derzeit laufende Retrospektive auch in Europa zurzeit sehr präsent. Jo Spence ihrerseits nimmt in der (auch institutionell definierten) Fotografie-Debatte der 1970er und 80er Jahre eine kontroverse Position ein und wählt einen gleichzeitig radikal subjektiven wie politischen Ansatz. Ihre Arbeit haben wir erstmals 1987 in einer Ausstellung gezeigt und in der Folge mehrfach in Camera Austria publiziert. Durch ihren frühen Tod 1992, aber auch durch mangelndes institutionelles Engagement wurde ihr so sehr Öffenlichkeits-orientiertes Werk jedoch über mehr als 10 Jahre kaum rezipiert. Durch eine von Jorge Ribalta vom Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona in Zusammenarbeit mit Terry Dennett, dem Arbeitspartner Jo Spences und Kurator des Jo Spence Memorial Archive, organisierte Retrospektive (die Camera Austria derzeit zeigt) kann nun diese wichtige Arbeit neu in die aktuelle Diskussion geholt werden. Wir publizieren hier erstmals in deutscher Übersetzung eine mittlerweile historische Rede von Jo Spence aus dem Jahre 1987: „Die dokumentarische Praxis infrage stellen?“. Dieser Text wird gleichzeitig unser erster Beitrag zum documenta-Zeitschriftenprojekt sein und auf der öffentlichen Diskussionsplattform zur kritischen Lektüre zur Verfügung stehen.

Volltext

Camera Austria International 94 | 2006
Vorwort

In dieser Ausgabe von Camera Austria stellen wir Ihnen mit Lee Friedlander und Jo Spence zwei künstlerische Positionen vor, die die Produktion und Rezeption von Fotografie gleichermaßen wesentlich beeinflusst haben. Lee Friedlander (den wir bereits 1977 ausgestellt haben und 1979 zu unserem ersten „Symposion über Fotografie“ einluden) hat durch die Komplexität, visuelle Intelligenz und Ironie seiner Bild-Arbeit mehrere Generationen von FotografInnen nachhaltig geprägt, sein Werk ist durch die derzeit laufende Retrospektive auch in Europa zurzeit sehr präsent. Jo Spence ihrerseits nimmt in der (auch institutionell definierten) Fotografie-Debatte der 1970er und 80er Jahre eine kontroverse Position ein und wählt einen gleichzeitig radikal subjektiven wie politischen Ansatz. Ihre Arbeit haben wir erstmals 1987 in einer Ausstellung gezeigt und in der Folge mehrfach in Camera Austria publiziert. Durch ihren frühen Tod 1992, aber auch durch mangelndes institutionelles Engagement wurde ihr so sehr Öffenlichkeits-orientiertes Werk jedoch über mehr als 10 Jahre kaum rezipiert. Durch eine von Jorge Ribalta vom Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona in Zusammenarbeit mit Terry Dennett, dem Arbeitspartner Jo Spences und Kurator des Jo Spence Memorial Archive, organisierte Retrospektive (die Camera Austria derzeit zeigt) kann nun diese wichtige Arbeit neu in die aktuelle Diskussion geholt werden. Wir publizieren hier erstmals in deutscher Übersetzung eine mittlerweile historische Rede von Jo Spence aus dem Jahre 1987: „Die dokumentarische Praxis infrage stellen?“. Dieser Text wird gleichzeitig unser erster Beitrag zum documenta-Zeitschriftenprojekt sein und auf der öffentlichen Diskussionsplattform zur kritischen Lektüre zur Verfügung stehen.

Mit einem Beitrag von Basak Senova setzen wir eine Zusammenarbeit fort, die Einblick gibt in die aktuelle türkische Kunstszene: Die Autorin widmet sie sich hier der Konzeptkünstlerin Banu Cennetoglu, deren dokumentarische fotografische Projekte über verschiedene Areale (wie ein Militärgebiet, ein Erholungsheim, etc.) zur These der „Entleerung des Raumes“ führte, die im (vordergründigen) scharfen Kontrast stehen zu den jeweiligen sozial und politisch definierten Funktionen dieser Räume. Im Gegensatz dazu arbeitet Barbara Clausen im Gespräch mit der österreichischen Künstlerin Anita Witek heraus, dass in ihrer Form der medienreflexiven und -kritischen Re-Kontextualisierung von fotografischem Material neue Erzählstrukturen etabliert werden, die auf die Konstruktionen und Spielweisen von medialer Wirklichkeit erst aufmerksam machen. Mit ihren immer wieder neu entwickelten Displays untergräbt sie auf subversive Weise jene medialen Wirklichkeitskonstruktionen, und eröffnet mit ihnen eine politisch zu führende Diskussion um die Wahrnehmungsweisen gesellschaftlicher Räume und die in ihnen sichtbar werdenden Verhandlungszusammenhänge.

Auch in diesem Jahr sind wir mit Camera Austria an vielen Kunstmessen präsent, der Zugang zu wichtigen Märkten wie der frieze Art Fair in London und der Art Basel jedoch bleibt uns heuer verschlossen. Ein florierender Zeitschriftenmarkt macht offenbar neue Formen der Selektion notwendig, Kontinuität im Erscheinen und Konsequenz in der inhaltlichen Arbeit scheinen nicht relevant. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass ein Projekt wie Camera Austria, das nicht nur über die enge Zusammenarbeit mit internationalen KünstlerInnen sein Profil entwickelt hat, sondern darüber hinaus zweifelsohne den kritischen (und auch politischen) Diskurs in Form von medienkritischer und -reflexiver Arbeit kontinuierlich und nachhaltig repräsentiert, an den großen Kunstmessen keinen Ort mehr haben soll. Diese Form der Entpolitisierung halten wir für eine fragwürdige Entwicklung: Hier wird nicht nur ein gesellschaftlicher Nischenraum, der bislang auch für die Entwicklung und Verbreitung des kritischer Diskurse zur Verfügung stand, nahezu vollständig der Logik des Marktes unterworfen, sondern gleichzeitig ein Spalt zwischen die Institutionen und die Geschehnisse des Marktes getrieben.

Christine Frisinghelli

Beiträge

Forum

VERENA WINKELMANN

MINZHU CAO

JOYCE ROHRMOSER

KLAUS MÄHRING

CHARLOTTE LYBEER

GERHARD KOWALD

SALVATORE ARANCIO

PAUL DIVJAK

Ausstellungen

Joachim Koester. Morning of the Magicians and Other Works.
Galleri Nicolai Wallner, Copenhagen
NIELS HENRIKSEN

The 4th Berlin Biennial for Contemporary Art: Of Mice and Men.
KW Institute for Contemporary  Art, occupying a variety of locations along Auguststraße in Berlin Mitte
DENISE ROBINSON

Frank Thiel. Void Territory.
Sean Kelly Gallery, New York
CARLO MCCORMICK

Prekinjene Zgodovine. Interrupted Histories. Arteast Exhibition.
Moderna galerija / Museum of Modern Art, Ljubljana
SANDRA KRIŽIĆ ROBAN

Kontakt… Aus der Sammlung der Erste Bank-Gruppe.
MUMOK, Wien
HILDEGUND AMANSHAUSER

While Interwoven Echoes Drip into a Hybrid Body – An Exhibition about Sound, Performance and Sculpture.
Migros Museum, Zürich
HANS-JÜRGEN HAFNER

De-Regulation with the work of Kutlug Ataman.
MuHKA, Antwerpen; Herzliya Museum, Tel Aviv; KW Institute for Contemporary Art, Berlin
ANNETT BUSCH

Die Unsichtbaren Filme. 40JAHREVIDEOKUNST.DE – Teil 1 digitales Erbe: Videokunst in Deutschland von 1963 bis Heute.
Kunsthalle Bremen; K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Städtische Galerie im Lenbachhaus München; Museum der bildenden Künste Leipzig; ZKM Karlsruhe
HIAS WRBA

Kino wie noch nie / Cinema like never before.
Generali Foundation, Wien
RAINER BELLENBAUM

Schauinsland. Gute Aussichten. Junge deutsche Fotografie 2005/2006.
Ausstellungsstationen in Berlin, Hamburg, Dortmund, Frankfurt, München, sowie den Goethe-Institutionen in Marokko, den USA und Algerien.
KERSTIN STREMMEL

Heidi Specker. Im Garten.
Sprengel Museum, Hannover.
Sammlung Ann und Jürgen Wilde Bangkok. Heidi Specker Germaine Krull.
Sprengel Museum, Hannover.
CAROLIN FÖRSTER

Die Wirklichkeit durcharbeiten. Manfred Willmann. Werkblick.
Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz.
Manfred Willman. Das Land.
PHotoEspaña2006, Círculo de Bellas Artes, Madrid
REINHARD BRAUN

Ken Ohara. Erweiterte Portraitstudien.
Museum Folkwang, Essen; Städtische Galerie Wolfsburg; Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum
WOLFGANG BRÜCKLE

Fotohof 1981 – 2006.
Fotohof, Salzburg
MANISHA JOTHADY

Sharon Lockhart. Pine Flat Portrait Studio.
neugerriemschneider, Berlin
KRYSTIAN WOZNICKI

Jeanne Faust. Outlandos.
Galerie Guenther/Borgmann, Hamburg
JENS ASTHOFF

Bücher

Katharina Menzel-Ahr: Lee Miller. Kriegskorrespondentin für Vogue. Fotografien aus Deutschland 1945.
Jonas Verlag, Marburg 2005
MARGARETHE SZELESS

La Ville au Cinéma. Eine Französische Enzyklopädie sammelt Wissen über die Wechselwirkungen von „Stadt und Kino“.
Cahiers du cinéma, Paris 2005
GISLIND NABAKOWSKI

Ulrike Ottinger: Bildarchive. Fotografien 1970 – 2005.
Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2005
MAREN LÜBBKE-TIDOW

La Panaderia. 1994 – 2002.
Editorial Turner de México, 2005
KRYSTIAN WOZNICKI

Helmut & Johanna Kandl: Business or Pleasure. Photos & Stories.
Fotohof edition, Salzburg 2005
ANDREA DOMESLE

Impressum

Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann. Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie
Alle: Lendkai 1, A-8020 Graz

Redaktion Graz: Reinhard Braun Christine Frisinghelli, Tanja Gassler
Redaktion Berlin: Maren Lübbke-Tidow

Lektorat: Marie Röbl
Übersetzungen: Wilfried Prantner, Richard Watts, Marina Miladinov, Josephine Watson, Aileen Derieg