Presseinformationen
Camera Austria International 119 | 2012
Infos
Präsentationen:
art berlin contemporary, Berlin: 11. – 16.9.2012
MISS Read, Berlin: 14. – 16.9.2012
VIENNAFAIR, Wien: 20. – 23.9.2012
Art Book Fair at MoMA PS1, New York: 28.9. – 30.9.2012
Frieze Art Fair, London: 11.10. – 14.10.2012
Paris Photo, Paris: 15.11. – 18.11.2012
nofound Photofair, Paris: 16. – 19.11.2012
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Pressetext
Fragen nach dem Dokumentarischen und der Politik fotografischer Bilder, die wir seit dem letzten Jahr kontinuierlich aufgreifen, führen zwangsläufig zu Fragen nach deren Glaubwürdigkeit, Authentizität und den Formen sowie Strategien ihrer Inszenierung. Wie sehen in gegenwärtigen Medienbildern Aufführungen des Politischen aus bzw. in welcher Form arbeiten KünstlerInnen diese Modi der Aufführung in ihrer eigenen Arbeit durch, angeleitet etwa durch Fragen, ob sich hier überhaupt eine Art gemeinsamer Raum von Erfahrung und Wissen auffinden oder rekonstruieren lässt oder auch, welche Konflikte und Subtexte in Form von Bildern ausgetragen werden und welche gerade nicht? Wo werden sie instrumentell eingesetzt und zu welchen Zwecken?
In der Ausgabe Nr. 119 von Camera Austria International stellen wir Ihnen eine Reihe von KünstlerInnen vor, deren Fotografien sich auf diese Felder beziehen lassen: Das Künstlerkolletiv G.R.A.M. (Günther Holler-Schuster und Martin Behr) arbeitet seit vielen Jahren konsequent im Bereich der Wiederaufführungen politischer Bilder, viele davon sind ins kollektive Gedächtnis eingegangen, manche – wie die Parlamentsraufereien oder die aktuelle Serie über Konzernchefs und Börsenmakler – prägen die gegenwärtig die Bildwelt der Krise.
Stefan Panhans verarbeitet in Video- und Fotoarbeiten der letzten Jahre sprachliche und ästhetische Versatzstücke aktueller Lifestyles und Konsumgesten: »VOR ALLEM ABER MUSST DU FOLGENDES WISSEN: Eine hohe Ansammlung von Qi kann zu positiven Ergebnissen bei Gesundheit, Harmonie und Erfolg führen.« Seine Register, die er in der fortlaufenden Fotoserie »Items For Possible Video Sets« (seit 2009) entwickelt, kann man – wie Gislind Nabakowski herausstellt – »als Kombinatorik kontroverser sozialer Räume sehen«, die von einer »the-Game-is-over«-Klugheit erfasst sind: »Statt Hyperaffirmation ist das Kunst der Gegenwart. Der Blick auf den Turbokapitalismus wird zu keiner Transzendenz verklärt. «
Ist der Beitrag von Gislind Nabakowski von den in den Bildern von Stefan Panhans auffindbaren »prekarisierten Zeichen« und ihrer möglichen Bedeutungen geleitet, um dem Treibgut seiner Kombinatorik von fotografischen Raum-, Objekt und Materialcollagen auf die Spur zu kommen, widmet sich Helmut Draxler den »sozialen Grammatiken«. Und stellt heraus, dass in den Arbeiten von Katja Eydel » die Menschen nicht in ihren Handlungen, die Dinge nicht in ihren Zwecken, die Zeichen nicht in ihren Funktionen aufgehen«, sondern das »stets […] das Umfeld oder die Umwelt der Menschen, Dinge und Zeichen im Zentrum des Interesses [stehen]; und dieses Situative lässt sich als Vielfalt ihrer Beziehungen untereinander verstehen, als Verdinglichung der Menschen ebenso wie als Vermenschlichung der Dinge, als Semiotisierung der Formen und als Formalisierung der Beziehungen selbst.«
Sowohl bei Katja Eydel als auch bei Stefan Panhans und dem Künstlerkollektiv G.R.A.M. erzeugt der jeweilige Zusammenhang der Bilder keine Narration, keine zusammenhängende Erzählung; alle ordnen sie unterschiedliche inhaltliche und formale Elemente in einer Art und Weise an, dass deren Ineinandergreifen als Inszenierung lesbar wird, wichtiger aber noch als eine Verschiebung oder ein Übergang begriffen werden kann, mithin als ein dosiertes Durchkreuzen visueller Gewissheiten.
Da wir nach einem Besuch der dOCUMENTA 13 den Eindruck gewonnen hatten, dass diese erhebliche – und eben fragwürdige – Distinktionsgewinne für sich verbuchen konnte, schien es uns angebracht, die Pfade der klassischen Kunstkritik hinter uns lassen, und den Sänger der Band Fehlfarben Peter Hein nach einem Text zur Ausstellung zu fragen. Nach Erhalt dieses Dokuments stellten wir fest, dass sich der Sound des Textes dem formalen Korsett unserer Zeitschrift gewissermaßen widersetzt und haben uns dazu entschlossen, sein »Dokument zu Kassel« zu vertonen und vom Autor selbst einsprechen zu lassen. So finden Sie in dieser Ausgabe von Camera Austria International neben einem Textauszug, begleitet von Bildern von Anna Meyer, eine CD mit der gesprochenen Kritik von Peter Hein. Damit viel Vergnügen!
Das Forum der vorliegenden Ausgabe stimmt ein auf den Europäischen Monat der Fotografie in Berlin: Die KuratorInnen Katia Reich (vom Europäischen Monat der Fotografie Berlin) und Felix Hoffmann (von der C/O-Galerie Berlin) haben aus den über 100 Ausstellungen, die anlässlich dieses Festivals in Berlin im Herbst eröffnen werden, eine Auswahl von sechs FotokünstlerInnen getroffen, die wir Ihnen hier vorstellen.
Maren Lübbke-Tidow
Reinhard Braun
September 2012
Bildmaterial
Die honorarfreie Veröffentlichung ist nur in Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausstellung und die Publikation gestattet. Wir ersuchen Sie die Fotografien vollständig und nicht in Ausschnitten wiederzugeben. Bildtitel als Download unter dem entsprechenden Link.