Presseinformationen
Camera Austria International 150/151 | 2020
Infos
Präsentationen
24. – 27. 9. 2020
Vienna Contemporary, Wien
6. – 18. 10. 2020
Fotograf Festival, Prag
Pressetext
Als wir Mitte Februar 2020 die Einladung an die Autor*innen und Künstler*innen dieser Ausgabe formulierten, schien die Welt noch eine andere zu sein. Mit dem Blick zurück auf 149 Ausgaben der Zeitschrift Camera Austria International, die 1980 von Christine Frisinghelli, Seiichi Furuya und Manfred Willmann gegründet wurde und die mit dieser Doppelnummer ihre 150. Ausgabe feiert, schien es naheliegend, nicht nur zurückzublicken, sondern die Fotografie durch ein sich entwickelndes Netzwerk einer kritischen Bestandsaufnahme zu unterziehen und ihre Position zu verorten.
Vor dem Hintergrund von Covid-19 und dem Kampf um gesellschaftliche Gerechtigkeit, der derzeit an vielen Orten der Welt ausgetragen wird, hat die Frage, was auf dem Spiel steht, wenn wir aktuell über Fotografie nachdenken – in welch vielfältigen Weisen diese gesellschaftliche und politische Relevanz einnimmt – noch einmal an Dringlichkeit gewonnen, was auf den folgenden Seiten sichtbar wird.
Die sich hier entfaltenden Beiträge vermitteln die komplexe Situation in kaleidoskopartigen Einblicken: Rückgriffe auf Archive bezeugen, dass fotografische Kritik sich nie gänzlich von ihren Traditionen befreien kann und ihre Konditionen und Narrative fortlaufend überarbeitet und infrage gestellt werden müssen; vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse wird die politische Dimension des Atmens untersucht. Darüber hinaus versucht ein Arbeiten gegen weiße Vorherrschaft und deren hegemoniale Systeme, eine Dekolonialisierung des Blicks in den Vordergrund zu rücken. Dabei geht es in vielen der Beiträge um eine Zurückweisung des Hegemonialen und auch darum, BIPoC- und Transgender-Positionen in den Blick zu nehmen; antirassistische Statements stehen in Verbindung mit der Aufforderung, nicht nur im eigenen institutionellen Umfeld verhaftet zu bleiben, sondern sich den Protesten auf der Straße anzuschließen. Auch werden bildimmanente Fragen in Bezug auf sich rasant wandelnde Medientechnologien aufgegriffen und die Grenzen des Fotografischen immer wieder aufs Neue ausgelotet.
Mit all diesen Facetten ist die vorliegende Ausgabe von Camera Austria International nicht zuletzt ein Dokument unserer Gegenwart, so sind die zwischen Mai und Mitte August 2020 eingegangenen Beiträge, die sich chronologisch und dabei einem Kalenderblatt ähnlich in die Seiten der Zeitschrift einschreiben, mehr noch als wir es uns im Februar 2020 hätten vorstellen können, von Aktualität und Dringlichkeit gezeichnet. Wie Stanley Wolukau-Wanambwa in seinem Beitrag für diese Ausgabe schreibt: Was auf dem Spiel steht, ist trotz aller Relevanz, die fotografischen Bildern zukommt, das »Überleben. Sei es auf der Ebene der Ökologie, also des Planeten, oder auf der Ebene unserer unterschiedlich und fortwährend unterworfenen Communities, die in ihrer gewinnbringenden Unterwerfung die vielen, einander überlagernden Bürden ökonomischer, politischer, rassischer, religiöser, sexueller und kultureller Gewalt schultern.«
Wir danken den zahlreichen Künstler*innen, Autor*innen, Kurator*innen und Theoretiker*innen, die mit ihren Expertisen zu dieser Ausgabe beigetragen haben, für ihre Offenheit und ihr Vertrauen, sich mit uns gemeinsam auf dieses Abenteuer einzulassen. Ihre Beiträge machen jeweils einzeln wie auch in ihrer Gesamtheit sichtbar, dass Fotografie nicht von Gesellschaft separiert werden kann und es auch nach 150 Ausgaben nicht weniger relevant geworden ist, sich mit ihr zu beschäftigen. Und wir danken Ihnen, unseren Abonnent*innen und Leser*innen und allen, die das Projekt Camera Austria seit vielen Jahren begleiten und mittragen, für ihr fortwährendes Interesse an unserer Zeitschrift.
Reinhard Braun, Margit Neuhold, Christina Töpfer
September 2020
Cover: Seiichi Furuya, Böblingen, 1978. Silbergelatine-Print, 40 × 30 cm (auf dem Cover von Camera Austria Nr. 1/1980).
Bildmaterial
Die honorarfreie Veröffentlichung ist nur in Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausstellung und die Publikation gestattet. Wir ersuchen Sie die Fotografien vollständig und nicht in Ausschnitten wiederzugeben. Bildtitel als Download unter dem entsprechenden Link.