Shirana Shahbazi
Group Show
Infos
Eröffnung
11.3.2016, 20:00
im Rahmen von CMRK
Zeitraum
12.3.– 22.5.2016
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag, 10:00–17:00
Shuttle zur Eröffnung Wien – Graz – Wien
Abfahrt Wien: 11.3.2016, 15:00, Haltestelle Oper, Bus 59 a
Abfahrt Graz: 11.3.2016, 23:30,
< rotor >, Volksgarten
cmrk.org
Intro
Für die Ausstellung bei Camera Austria hat Shirana Shahbazi ihr Archiv gesichtet und Arbeiten der letzten 15 Jahre in einen Zusammenhang gebracht, ein Zusammenhang, der sich auf den ersten Blick nicht zu erschließen, der vor allem durch Widersprüche, Sprünge und Brüche zu bestehen scheint. Aus diesem Grund hat sich der Ausstellungstitel gewissermaßen aufgedrängt: »Group Show« – eine Gruppenausstellung mit ihr selbst.
Shahbazi scheint in dieser »Gruppenausstellung« darauf zu insistieren, dass alle diese Bilder, die uns so unterschiedlich erscheinen, in irgendeiner Weise gemacht sind, hergestellt, sie sind nicht einfach vorgefunden, wahrgenommen oder festgehalten – sie sind vielmehr einer Anstrengung entsprungen, sie mussten erkannt, gedacht und konstruiert werden, sie sind mit einem Denken über das
Sichtbare und die Bilder verknüpft, das niemals einfach da ist, sondern erzeugt, möglicherweise sogar erdacht werden muss. Als Resultat dieser beständigen Reibung eines Denkens mit einem Sehen entsteht eine zugleich verführerische und widerspenstige Bildlichkeit, die, auseinanderstrebend, weil von einer Spannung gegensätzlicher Möglichkeitsformen von Bildern gekennzeichnet, Shahbazis besondere Bildwelt kennzeichnet. Immer kommt ein Bild zum anderen, und noch eines dazu.
Aus Anlass der Ausstellung »Group Show« erscheint Shirana Shahbazis neue Publikation tehran north bei JRP Ringier.
Volltext →Shirana Shahbazi
Group Show
Camera Austria präsentiert die erste Einzelausstellung der Künstlerin Shirana Shahbazi in Österreich. Shahbazi wählte Fotografien aus den vergangenen Jahrzehnten aus, um sie so zu arrangieren, dass die Entwicklung ihrer künstlerischen Praxis und Bezüge ihrer Werkserien untereinander sichtbar werden. Zu ihren Arbeiten gehören farbintensive wie schwarzweiße Fotografien, abstrake Kompositionen aus dem Studio und auf Reisen enstandene Momentaufnahmen. Shahbazi setzt sich mit der Beziehung zwischen Bildern, ihren Oberflächen und ihrer Obkjekthaftigkeit sowie mit Fragen der Repräsentation und der ikonischen Qualität von Bildmedien auseinander.
Shahbazi wurde 1974 in Teheran geboren. Sie studierte an der Fachhochschule Dortmund und der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich. Heute lebt und arbeitet sie in der Schweiz. Ihre Arbeiten befinden sich in internationalen Sammlungen wie der des Museums of Modern Art in New York, sie nahm an Ausstellungen unter anderem bei der Biennale in Venedig, im Barbican Art Center in London und dem Sprengel Museum in Hannover teil.
Ein Bild im anderen (Auszug)
Reinhard Braun
Das Stillleben dreier Birnen, eine Landschaft, eine Katze, Blumenvasen, Palmen, eine Stadtansicht, ein Schmetterling, abstrakte geometrische Formen, eine Monstera-Palme, in Schwarzweiß, in Farbe, Maryam verschleiert im Wind. Momentaufnahmen eines Roadtrips von Zürich nach Teheran sind neben Stilleben, Porträts, Plakatdrucken, einer großformatigen Malerei und scheinbar abstrakten Mehrfachbelichtungen zu sehen. Für die Ausstellung bei Camera Austria hat Shirana Shahbazi ihr Archiv gesichtet und ihre Arbeiten der letzten 15 Jahre in einen Zusammenhang gebracht – der sich allerdings auf den ersten Blick nicht zu erschließen, der vor allem durch Widersprüche, Sprünge und Brüche zu bestehen scheint. Aus diesem Grund hat sich der Ausstellungstitel gewissermaßen aufgedrängt: »Group Show« – eine Gruppenausstellung mit ihr selbst.
Die Vielfalt der Ausstellung scheint von einem Prinzip der Übersetzung geprägt, wobei die Übersetzung in Fotografie mit einer Übersetzung des Fotografischen in das Malerische einhergeht, das wiederum mit einem fotografischen Bild in einen Zusammenhang gebracht wird. Das Fotografische der Ausstellung korrespondiert mit dem Nicht-Fotografischen: Dokumentarisches, Doppelbelichtungen, zweifarbige Lithografien, Malerei, Drucke – verschiedene Dinge kommen in verschiedenen Bildformen zusammen und kommentieren sich in ihrem jeweiligen unterschiedlichen Anspruch auf Re-Präsentation, auf Präsenz und Performanz. Bildhaftes tritt in unterschiedlichen Erscheinungsweisen mit seinen jeweiligen spezifischen Eigenschaften auf.
Dennoch tritt dabei das visuelle Regime der Fotografie als der dominante »Raum« (oder das dominierende Medium) in Erscheinung, in dem Shahbazi diese unterschiedlichen Bildformen zusammendenkt, in dem die Landschaften, Begebenheiten, flüchtige Wahrnehmungen und die arrangierten Stillleben zueinander in eine Ordnung gebracht werden. Doch kann aus gutem Grund, den diese Ausstellung zu bestätigen scheint, behauptet werden, dass diese Ordnung keine homogene, nivellierende ist. Sie bleibt, sofern überhaupt vorstellbar, eine brüchige, prekäre, gefährdete, denn die Bilder selbst, die sich im Fotografischen in eigenartiger Weise versammeln, streben auseinander und multiplizieren sich fortwährend. »Es gibt kein Bild, es gibt nur Bilder. Und es gibt eine bestimmte Art der Zusammenstellung von Bildern: Sobald es zwei von ihnen gibt, gibt es drei.« [Jean-Luc Godard] Dieses Ineinander-Greifen der Bilder erzeugt nach wie vor eine sehr spezifische Verkettung von Wissen, Technik, Geschichte und Wahrnehmung, die kaum in einem anderen Medium in ähnlicher Weise möglich scheint. Film und Video sind buchstäblich zu schnell dafür – es ist das Still-Stellende der Fotografie, das die flüchtigen Erscheinungen wie die Inszenierungen einem Denken zuführt, dem sich diese Erscheinungen ansonsten entziehen würden.
In den Serien Shahbazis zeigt sich exemplarisch dieses Stillstellende der Fotografie als Grundlage ihrer Kongruenz mit dem Denken, dem Herstellen von Erzählung, Geschichte und Wissen, das nicht primär in dessen ästhetischer oder visueller »Natur« liegt, sondern in diesem Moment der Habhaft-Werdung, des »Schnitts des Referenten«, wie es Christian Metz, bezeichnender Weise ein bedeutender Filmtheoretiker, beschrieben hat – ein Schnitt als eine Art Arretierung des Sichtbaren, die den Bildern Zeit gibt, zu erscheinen, die ihnen Zeit gibt, ein Verhältnis einzugehen mit demjenigen, das sie zeigen und der Art und Weise, in der sie es zeigen. Und dieser Moment der Habhaft-Werdung, eine Art von Aneignung, den die Fotografie generiert, erlaubt uns zu erforschen, was sich an den Schnittstellen zwischen den Bildern ereignet, wie das eine Bild ins andere hinüberreicht; es erlaubt uns, über eine Montage nachzudenken, die Bilder zusammenfügt, die möglicherweise nicht zusammengedacht werden können, weil ihnen ein solcher Zusammenschluss nicht zu entsprechen scheint. Doch, so müssen wir uns fragen, gewinnen diese scheinbar verschiedenen Bilder nicht an Erzählung, Geschichte, Politik und auch an Schönheit, »wenn sie untereinander verwachsen«? [Georges Didi-Huberman]
Darin könnte eine Idee für diese Ausstellung liegen, die nicht kuratiert ist, die auch den Kurator zunächst in eine Befragung verstrickt: Den Raum oder die Oberfläche der Fotografie, worin und worauf es immer schon drei Bilder gibt, sobald es zwei gibt, als ein Verfahren an und mit Bildern zu verstehen, durch welches Unterschiede sichtbar gemacht werden können, indem Dinge/Bilder untereinander verbunden oder Ähnlichkeiten hergestellt werden, die sich jeder Gleichsetzung verwehren. Nicht das eine Bild und/oder das andere. Das eine Bild im anderen.