Presseinformationen

Jahresprogramm 2019

Infos

Maria Hahnenkamp (AT)
8. März – 26. Mai 2019
Kuratiert von Walter Seidl

Mladen Bizumic
Sophie Thun
14. Juni – 25. August 2019

Peggy Buth (DE)
Vom Nutzen der Angst
13. September – 17. November 2019

Jochen Lempert (DE)
6. Dezember 2019 – Ende Februar 2020
Preisträger 2017
des Camera Austria-Preis für zeitgenössische Fotografie der Stadt Graz

Pressetext

Maria Hahnenkamp (AT)
8. März – 26. Mai 2019
Kuratiert von Walter Seidl

Maria Hahnenkamp ist eine der wichtigsten Künstlerinnen der zweiten feministischen Generation in Österreich. In ihren überwiegend fotografischen Arbeiten treibt sie eine kritische Auseinandersetzung mit dem Status des weiblichen Körpers in unserer Gesellschaft voran. Anders als ihre Vorgängerinnen bringt sie nicht mehr den eigenen Körper in performativ-prekäre Lagen, sondern analysiert den medialen Umgang mit dem weiblichen Körper per se bzw. die psychologische Auswirkung auf Mädchen und Frauen, die sich permanent mit den zurechtgerichteten, idealisierten Körpern in den Medien konfrontiert sehen. Hahnenkamp sucht auf einer zugleich ästhetisch-sinnlichen wie auch intellektuellen Ebene nach einer Manifestation dieses komplexen Macht- und Unterwerfungssystems.
Dabei geht es der Künstlerin immer auch ums Bildermachen, um die Werkzeuge, um Eigenheiten der Fotografie wie Positiv und Negativ, um die Gesten der Bearbeitung, um eine ästhetisch akkurate Ausführung und um eine – inhaltliche wie auch tatsächliche – Nähe zum Motiv: Sie zieht oft das eindringlichere Fragment der informativen Gesamtsicht vor und lanciert damit auch auf formaler Ebene eine Verweigerung der Schaulust. Der Bildausschnitt ist symptomatisch für die Fotografie, kann sie doch immer nur einen Ausschnitt der Realität zeigen. Die Entscheidung, einen Teil herauszugreifen, begünstigt den Eindruck, dass die Reduktion der Frau auf ihren Körper auch nur eine Teilwahrheit ist.


Mladen Bizumic / Sophie Thun
(AT/NZ)  (AT)
Interiors of Photography
14. Juni – 25. August 2019

Die Ausstellung bringt zwei in Wien lebende Künstler*innen zusammen, die sich zwar in unterschiedlicher Weise und von unterschiedlichen Perspektiven ausgehend dennoch beide sehr umfassend mit zentralen Aspekten des Fotografischen auseinandersetzen.

Mladen Bizumic hat sich in den letzten Jahren intensiv und ausführlich mit der Geschichte des Unternehmens Kodak beschäftigt, für das 1975 auch die erste Digitalkamera entwickelt wurde. Das Unternehmen hat diese Technologie jedoch nicht weiterverfolgt und musste 2012 schließlich Konkurs anmelden. Doch Bizumic inszeniert keinen nostalgischen Rückblick oder romantischen Abgesang. Es handelt sich vielmehr um einen analytischen und re-montierenden Blick auf den Übergang vom industriellen in ein post-industrielles Zeitalter, ein Zeitalter, in dem Produktion und Information ineinander übergehen, ein Zeitalter der Verflüssigung von Arbeit und Zeit, und, vor allem, ein Zeitalter des Informellen, der Verflüssigung auch von Repräsentation. Welche Konsequenzen zeitigt dies für unser Verständnis von fotografischen Bildern?

Sophie Thun wiederum ist vor allem mit ihren komplexen körpergroßen Selbstporträts bekannt geworden, die sie mit Fotogrammen ihres Körpers kombiniert, sich selbst wiederum mit diesem Bild nochmals fotografiert und diese Schichten der Selbstdarstellung wandfüllend in dem Ausstellungsraum zeigt, in dem diese Arbeiten zumeist auch entstanden sind. Wo findet Repräsentation statt, und wann?

Wie beziehen sich diese verschiedenen Ebenen von Thuns Arbeit aufeinander? Es lässt sich jedenfalls nicht mehr von einem Erfasst-Werden durch die Bilder sprechen, sondern vom In-Gang-Setzen eines fotografischen Prozesses, der seinen Ausgangspunkt in der experimentellen Verfügung der Künstlerin selbst nimmt. Damit weist Sophie Thun auch jene Geschichte der Darstellung des weiblichen Körpers zurück, die ihn als passiven Gegenstand einer Aneignung durch (männliche) Repräsentation erscheinen lässt.

Beide künstlerischen Positionen destabilisieren unsere Gewissheiten über fotografische Bilder, wie sie zustande kommen, was wir darauf sehen können und warum, was wir über sie wissen können, worauf sie sich beziehen oder in welcher Weise das Sichtbare mit Wissen und Geschichte verknüpft ist. Befinden wir uns nicht immer schon in den Schichten dieser Darstellungsform – im Inneren der Fotografie sozusagen – und irren zwischen ihren Oberflächen herum, Geistern gleich, die versuchen, sich durch die Schichten von Bildern hindurchzuarbeiten, ohne jedoch eine Oberfläche zu erreichen, auf der wir uns wiederfinden oder wiedererkennen könnten?


Peggy Buth
(DE)
Vom Nutzen der Angst
13. September – 17. November 2019

Peggy Buth interessiert sich in ihren Arbeiten der letzten Jahre für den urbanen Raum als einen Ort der ständigen Überlagerung und Umformung des Sozialen durch das Ökonomische. Sie richtet ihren Blick auf soziale Utopien und deren Scheitern, auf die ökonomische, aber auch rassistische Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen. Ihr aktuelles Projekt »Vom Nutzen der Angst« (2017/2018) nimmt seinen Ausgangspunkt in den nördlichen Pariser Vorstädten – Stadtviertel wie La Courneuve wuchsen in den 1960er-Jahren, als nach dem Ende von Kolonialisierung und Algerienkrieg Generationen von MigrantInnen aus Afrika und dem Maghreb dort angesiedelt wurden. Buth zeigt den zunehmenden Verfall und die Zerstörung dieser Viertel, die als Projektionsfläche für Bedrohungsszenarien instrumentalisiert werden und auch den Ausgangspunkt der Pariser Unruhen des Jahres 2005 bildeten, nachdem zwei Jugendliche auf der Flucht vor der Polizei den Tod gefunden hatten.
Einen weiteren Teil von »Vom Nutzen der Angst« bilden Recherchen zu Projekten des sozialenWohnbaus im US-Bundesstaat Missouri.
Auch dort findet Buth eine Geschichte der gescheiterten Utopien und der wachsenden Diskriminierung vor. In der fotografischen Serie »MLK Blvd« (2015) steht der Martin Luther King Boulevard als einstiges Symbol für die Emanzipation der AfroamerikanerInnen in den 1960er-Jahren im Mittelpunkt, der mittlerweile allerdings zum Sinnbild einer neuen urbanen Realität und ihrer sozialen Ungerechtigkeit und Diskriminierung geworden ist.

Schließlich fügt Buth diesen kritischen Dokumentationen aus Frankreich und den USA eine Arbeit über die sozial deklassierten Stadtteile des Essener Nordens hinzu. In ihrem Video »Leute wie wir« (2017) sucht sie nach den Ursachen für die unterschiedlichen Formen der sozialen Ausgrenzung im deutschen Ruhrgebiet. Sie stellt dabei Fragen zur möglichen Bedeutung von Solidarität und Empathie, zur Geschichte und Erinnerung des Arbeitermythos und zur veränderten Bedeutung des Arbeitsbegriffs im Zuge von (De-)Industrialisierung und Globalisierung.


Jochen Lempert
(DE)
6. Dezember 2019 – Ende Februar 2020
Preisträger 2017
des Camera Austria-Preis für zeitgenössische Fotografie der Stadt Graz

Jochen Lempert (geb. 1958) ist studierter Biologe und arbeitet seit den frühen 1990er-Jahren an einem Werk, das von der Korrespondenz und Kontextualisierung einzelner Fotografien in größeren Gruppen geprägt ist. Die Wahrnehmung von Flora und Fauna in Repräsentationssystemen der wissenschaftlichen Forschung trifft dabei auf die individuelle Beobachtung der Tier- und Pflanzenwelt innerhalb einer vom Menschen gestalteten Umwelt. Über analoge Schwarzweiß-Fotografien entsteht ein ebenso faszinierendes wie komplexes, zwangsläufig unvollständig bleibendes Inventar morphologischer Studien, das der taxonomischen Katalogisierung von Tieren und Pflanzen eine sehr subjektive Dokumentation entgegenstellt.
Phänomenologie und forschender Vergleich begegnen sich insbesondere in der Idee der fotografischen »Spur«, die Fotografie als Dokumentationsmedium von Bewegung und Veränderung sowie der Rekonstruktion, Entwicklung und Demonstration von Zusammenhängen versteht. Querverweise, Assoziationen und Korrespondenzen innerhalb der Gruppierungen von einzelnen, in ihrer Objekthaftigkeit hervorgehobenen Fotografien gewähren auch neue Perspektiven auf unseren eigenen Platz innerhalb jener Strukturen aus Ordnung und Zufall, die die Welt charakterisieren. Dabei setzt Lemperts Werk eine große visuelle Poesie frei, die sich in einer unverwechselbaren Bildsprache spiegelt. Nicht zuletzt diese verleiht seinem Œuvre eine singuläre Position innerhalb der zeitgenössischen Fotografie.

Bildmaterial

Die honorarfreie Veröffentlichung ist nur in Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausstellung und die Publikation gestattet. Wir ersuchen Sie die Fotografien vollständig und nicht in Ausschnitten wiederzugeben. Bildtitel als Download unter dem entsprechenden Link.

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