Camera Austria International

114 | 2011

Über das Dokumentarische als politische Praxis / On the Documentary as Political Practice.
Gastredakteur / Guest-editor: Tobias Zielony

  • REINHARD BRAUN, MAREN LÜBBKE-TIDOW, TOBIAS ZIELONY
    Tobias Zielony: Ich glaube nicht, dass sie verschwinden werden …
  • TOBIAS ZIELONY
  • REINHARD BRAUN, AHLAM SHIBLI
    Ahlam Shibli: Einspruch gegen verordnete Unsichtbarkeit
  • REINHARD BRAUN, DAVID GOLDBLATT
    David Goldblatt: Unsere Strukturen betrachten
  • MAREN LÜBBKE-TIDOW, MICHAEL SCHMIDT
    Michael Schmidt: Mehr Fragen stellen als Antworten geben
  • REINHARD BRAUN, HITO STEYERL
    Hito Steyerl: Dokumentarische Praxis ist immer schon eine Handlung
  • REINHARD BRAUN, JO RACTLIFFE
    Jo Ractliffe: Ein Raum für andere Bilder
  • SUSANNE HOLSCHBACH, PEGGY BUTH
    Peggy Buth: Wahrheit hat immer auch die Struktur der Fiktion
  • JAN WENZEL, ALEXANDER KLUGE
    Alexander Kluge: Gabi Teichert auf dem Parteitag der SPD
  • TOBIAS ZIELONY, PAUL GRAHAM
    Paul Graham: Die Frage neu ins Bild setzen »Wie ist die Welt?«
  • TOBIAS ZIELONY, LAURENCE BONVIN
    Laurence Bonvin: Lebende Geisterstädte
  • WOLFGANG TILLMANS, MAREN LÜBBKE-TIDOW
    Wolfgang Tillmans: In dieser Kälte Wärme zu finden ist der Rückhalt meiner neuen Fotos
  • MAREN LÜBBKE-TIDOW, PHILIP-LORCA DICORCIA
    Philip-Lorca diCorcia: Ich kann gar nicht lügen, weil ich nie die Wahrheit verkündet habe
  • HELGARD HAUG, DANIEL WETZEL
    Rimini Protokoll: Weil sich die Realität der Begegnungen immer neu überschreibt
  • MAREN LÜBBKE-TIDOW, RUTI SELA & MAYAAN AMIR
    Ruti Sela & Mayaan Amir: Die Produktion ideologischer Positionen anstoßen
  • MAREN LÜBBKE-TIDOW, RENZO MARTENS
    Renzo Martens: Wir wissen eigentlich nicht, was wir sehen
  • TOBIAS ZIELONY, THOMAS RUFF
    Thomas Ruff: Optische Prothesen
  • TOBIAS ZIELONY, TIMM RAUTERT
    Timm Rautert: Teilnehmendes Interesse
  • KIRSTY BELL, COLLIER SCHORR
    Collier Schorr: Das Normale der Differenz
  • TOBIAS ZIELONY, UCHIHARA YASUHIKO
    Uchihara Yasuhiko: Die nicht gemachten Fotos
  • SABINE SPILLES, LARRY FINK
    Larry Fink: Das Konzept der Empathie
  • WALID SADEK
    A Time to See 2/4 Die Gegenwart sehender Augen

Vorwort

Als Gastredakteur der vorliegenden Ausgabe haben wir den Fotokünstler Tobias Zielony eingeladen, um mit uns der Frage nach dem Dokumentarischen als politische Praxis nachzugehen. Die Welt scheint fotografisch geworden, aber »je ungehemmter ihre Verbreitung, je vielgestaltiger ihre Formen, je mächtiger ihre Wirkung, desto stärker auch der Verdacht der Täuschung, unter dem das Bild, die Bilder seit jeher stehen« (Jean-Luc Nancy). Was bedeutet dieser Verdacht für die Vorstellung, Bilder könnten einen anderen Raum des Sozialen und Politischen entwerfen, der nicht nur die Lust auf das Sensationelle und die Katastrophe befördert, sondern der eine Ereignishaftigkeit des Bildes ermöglicht, die die herrschenden Darstellungskonventionen unterläuft und die schwatzhaften Gespenster
der Massenmedien zurückdrängt? Vielleicht ist es also mehr denn je notwendig, nach gegenwärtigen Strategien zeitgenössischer FotokünstlerInnen und FilmemacherInnen zu fragen, die sich nach wie vor an spezifischen sozialen Realitäten orientieren, denen nach wie vor ein Begriff oder eine Vorstellung des Dokumentarischen zugrunde zu liegen scheint und die nach wie vor einen anderen Raum für Bildpolitiken eröffnen könnten?
In 20 Kurzinterviews mit internationalen FotokünstlerInnen und FilmemacherInnen sind wir diesen Fragen nachgegangen und werfen damit ein Streiflicht auf unterschiedliche dokumentarische Zugriffe, die wir gleichzeitig als Aktualisierung einer kritischen Debatte über das Dokumentarische im Feld des Visuellen selbst zur Disposition stellen. Denn es scheint, als wäre es »nach der ›Wiederkehr des Wirklichen‹, die ja bereits für die 1990er Jahre konstatiert wurde, an der Zeit, die Frage der Repräsentationskritik neu zu stellen« (Susanne Holschbach im Gespräch mit der Künstlerin Peggy Buth).

Volltext

Camera Austria International 114 | 2011
Vorwort

Als Gastredakteur der vorliegenden Ausgabe haben wir den Fotokünstler Tobias Zielony eingeladen, um mit uns der Frage nach dem Dokumentarischen als politische Praxis nachzugehen. Die Welt scheint fotografisch geworden, aber »je ungehemmter ihre Verbreitung, je vielgestaltiger ihre Formen, je mächtiger ihre Wirkung, desto stärker auch der Verdacht der Täuschung, unter dem das Bild, die Bilder seit jeher stehen« (Jean-Luc Nancy). Was bedeutet dieser Verdacht für die Vorstellung, Bilder könnten einen anderen Raum des Sozialen und Politischen entwerfen, der nicht nur die Lust auf das Sensationelle und die Katastrophe befördert, sondern der eine Ereignishaftigkeit des Bildes ermöglicht, die die herrschenden Darstellungskonventionen unterläuft und die schwatzhaften Gespenster
der Massenmedien zurückdrängt? Vielleicht ist es also mehr denn je notwendig, nach gegenwärtigen Strategien zeitgenössischer FotokünstlerInnen und FilmemacherInnen zu fragen, die sich nach wie vor an spezifischen sozialen Realitäten orientieren, denen nach wie vor ein Begriff oder eine Vorstellung des Dokumentarischen zugrunde zu liegen scheint und die nach wie vor einen anderen Raum für Bildpolitiken eröffnen könnten?
In 20 Kurzinterviews mit internationalen FotokünstlerInnen und FilmemacherInnen sind wir diesen Fragen nachgegangen und werfen damit ein Streiflicht auf unterschiedliche dokumentarische Zugriffe, die wir gleichzeitig als Aktualisierung einer kritischen Debatte über das Dokumentarische im Feld des Visuellen selbst zur Disposition stellen. Denn es scheint, als wäre es »nach der ›Wiederkehr des Wirklichen‹, die ja bereits für die 1990er Jahre konstatiert wurde, an der Zeit, die Frage der Repräsentationskritik neu zu stellen« (Susanne Holschbach im Gespräch mit der Künstlerin Peggy Buth).

Tobias Zielony, mit dem wir gemeinsam die Fragen zu dieser Ausgabe entwickelt haben und die Auswahl der in diesem Heft versammelten künstlerischen Positionen getroffen haben, verknüpft in seiner eigenen künstlerischen Arbeit soziale Realität immer mit Räumen und Akteuren, d.h. mit Handlungsfeldern sozialer Individuen. Welches Bild aber zeichnet seine dokumentarische Praxis dann von diesen sozialen Individuen, mit denen er – vorübergehend – einen gemeinsamen Raum teilt? Tobias Zielony ist in den letzten Jahren mit Serien über Jugendliche aus Europa und den USA bekannt geworden, seine Bilder stellen exemplarisch die Frage nach der Subjektproduktion von dokumentarischen fotografischen Bildern, danach, was die Fotografie immer noch mit den Menschen tut, die sie abbildet. Über diese und andere Themen haben wir im März dieses Jahres ein Gespräch mit Tobias Zielony geführt, das hier in Auszügen publiziert ist, gemeinsam mit einer Auswahl aus der aktuellen Serie »Manitoba« (2009), die im Rahmen einer Einzelausstellung in den Räumen von Camera Austria ab Anfang Juli 2011 zu sehen sein wird.
Erweitert wird der Schwerpunkt dieses Heftes durch den zweiten Teil der Kolumne von Walid Sadek: »Die Gegenwart sehender ­Augen« als Reflexion über die Vereinnahmung der Körper durch das Sehen, das sich im Moment des Todes als ausgeschöpfte Zeitlichkeit des Sehens herausstellt. Mit dem Dokumentarischen gegengelesen ergeben sich Fragen zur Dauer, zu Blick und Körper und zum Sehen als eine soziale Praktik.
Die vielen unterschiedlichen und internationalen Stimmen, die hier zu Wort kommen haben dazu geführt, das geplante Forum auf die nächste Ausgabe zu verschieben. Wir  nehmen allerdings die vorliegende besondere und vielstimmige Ausgabe von Camera Austria International zum Anlass, Ihnen einen erweiterten Vertrieb anzubieten, durch den Sie unsere Zeitschrift ab sofort auch über den spezialisierten Fachbuchhandels hinaus an über 700 weiteren Verkaufsorten beziehen können. Darüber hinaus freuen wir uns, Sie an unserem Messestand auf der Art Basel persönlich begrüßen zu dürfen.

Maren Lübbke-Tidow, Reinhard Braun, Tobias Zielony
Juni 2011

Beiträge

Ausstellungen

Aernout Mik: Communitas
Jeu de Paume, Paris
Museum Folkwang, Essen
Stedelijk Museum, Amsterdam
CHRISTA BLÜMLINGER

The Otolith Group: Thoughtform
MACBA, Barcelona
Ibon Aranberri: Organigramma
Fundació Antoni Tàpies, Barcelona
1979, a Monument to Radical Moments
La Virreina Centre de la Imatge, Barcelona
ALBERTO MARTÍN

Stefan Panhans: Wann kommt eigentlich der Mond raus?
Museum für Gegenwartskunst Siegen.
JULIA GWENDOLYN SCHNEIDER

Paul Graham: Photographs 1981–2006
MARTIN HERBERT

A Hard, Merciless Light: The Worker-Photography Movement, 1926–1939
Museo Reina Sofia, Madrid
RUDOLF STUMBERGER

Staging Action: Performance in Photography since 1960
MoMA, New York
RACHEL BAUM

FotoSkulptur. Die Fotografie der Skulptur bis heute
MoMA, New York,
Kunsthaus Zürich
THILO KOENIG

Dislocación. Kulturelle Verortung in Zeiten der Globalisierung
Kunstmuseum Bern
SØNKE GAU

unExhibit
Generali Foundation, Wien
CHRISTIAN HÖLLER

Yto Barrada: Riffs
Deutsche Guggenheim, Berlin
REINHILD FELDHAUS

Miki Kratsman: all about us
Ursula Blickle Stiftung, Kraichtal
GISLIND NABAKOWSKI

Manfred Willmann: Arbeit
SANDRA KRIŽIĆ ROBAN

Inés Lombardi: Past Present – Close and Distant
MANISHA JOTHADY

Nadim Vardag
TANJA GASSLER

Martin Bilinovac: Exposure
DANIELA BILLNER

Bücher

Das Verschwinden der Revolution in der Renovierung.
Die Geschichte der Gropius-Siedlung Dessau-Törten
Gebrüder Mann Verlag, Berlin 2011
JOCHEN BECKER

Joanna Rajkowska, Sebastian Cichocki: Dogs from Üsküdar
Fundacja Sztuk Wizualnych / Foundation for Visual Arts, Krakow 2011
KRZYSTOF PIJARSKI

Joanna Rajkowska, Sebastian Cichocki: Dogs from Üsküdar
Fundacja Sztuk Wizualnych / Foundation for Visual Arts, Krakow 2011
SEBASTIAN CICHOCKI

The Studio Reader: On the Space of Artists
KIRSTY BELL

Sandra Krizic-Roban: At Second Glance.
Positions of Contemporary Croation Photography
Institute of Art History and UI-2M plus, Zagreb 2010
WALTER SEIDL

Impressum

Herausgeber: Reinhard Braun
Verlag, Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA. Labor für Fotografie und Theorie, Lendkai 1, 8020 Graz, Österreich

Chefredaktion: Maren Lübbke-Tidow (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Margit Neuhold, Sabine Spilles

Englisches Lektorat: Dawn Michelle d´Atri, Aileen Derieg
ÜbersetzerInnen: Dawn Michelle d´Atri, Aileen Derieg, Caroline Elder, Andy Jelcic, Wilfried Prantner, Josephine Watson

Dank / Acknowledgements:
Jens Asthoff, Kirsty Bell, Ariane Beyn, Laurence Bonvin, Annett Busch, Peggy Buth, Philip-Lorca diCorcia, Laurie Cluitmans, TJ Demos, Justine Durrett, Larry Fink, Anna-Catherina Gebbers, Paul Graham, Simon Greenberg, David Goldblatt, Hans-Jürgen Hafner, Susanne Holschbach, Bertram Keller, Kai Kolblitz, Alexander Kluge, Sharon Lockhart, Frederico Martelli, Renzo Martens, Timm Rautert, Jo Ractliffe, Jorge Ribalta, Rimini Protokoll, Thomas Ruff, Michael Schmidt, Collier Schorr, Hanna Schouwink, Walid Sadek, Ruti Sela & Mayaan Amir, Melanie Ohnemus, Marie Röbl, Alexandra Schott, Ahlam Shibli, Hito Steyerl, Nadja Talmi, Ben Thornborough, Wolfgang Tillmans, Helmut Weber, Jan Wenzel, Beata Wiggen, Peter Yardley, Uchihara Yasuhiko, Kai Yoshiaki, Tobias Zielony

Copyright © 2011
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ISBN     978-3-900508-88-3
ISSN     1015 1915
GTIN     4 19 23106 1600 5 00114