Camera Austria International

33/34 | 1990

Symposion über Fotografie X
DAS NEUE KONZEPT

  • VOLKER HEINZE
  • ALFREDO JAAR
    Geographie = Krieg. Ein Projekt für Camrea Austria
  • RONALD JONES
    Ich liebe Euch alle
  • GERALD VAN DER KAAP
    Das neue Blind
  • HERWIG KEMPINGER
    Formen der Abwesenheit
  • DAVID LEVINTHAL
    Hitler moves East. A Graphic Chronicle, 1941 - 43
  • GERHARD JOHANN LISCHKA
    Die Modesprache
  • MICHAEL SCHUSTER / HARTMUT SKERBISCH
    Alle haben Alles gesehen III.
  • HERTA WOLF
    Titre a Préciser: Titel wird noch bekanntgegeben

Vorwort

Das Thema des SYMPOSIONS ÜBER FOTOGRAFIE X, das im steirischen herbst ’89 von 10. bis 12.November stattgefunden hat, lautete DAS NEUE KONZEPT. Das Thema solcher Symposien- also einer Serie von Vorträgen, Gesprächen und Präsentation von fotografischen Arbeiten – wird immer nur als Feststellung und Frage gleichzeitig sinnvoll sein. Der Formulierung des Themas dieser Veranstaltung, und somit auch des vorliegenden Heftes Nr. 33/34 von CAMERA AUSTRIA, war die Beobachtung vorausgegangen, daß Fotoarbeiten im Kontext zeitgenössischer Kunst mehr und mehr in ihrem konzeptuellen Zusammenhang beurteilt werden. Zudem scheinen Informationen, die dem Foto in seiner mimetischen Funktion abverlangt werden (die Wirklichkeit als „Ausgangsmaterial“ des Bildes; aber auch die formalen Entscheidungen innerhalb des Einzelbildes als Interpretationsansatz) von der Diskussion über die „Haltung“ des Künstlers abgelöst; die äußere Wirklichkeit, durch das Foto gleichsam verdoppelt, wird nicht mehr für sich sondern in seiner medialen Transformation diskutiert. Im Gegensatz zu conceptual art, die einem Arbeiten in Entwürfen nachging, und bei der die Idee über die Ausführung das Primat hatte, zeigen neuere Arbeiten, daß die Konzeptualisierung auch ästhetische Lösungen einschließt, die sich an Formen des Tafelbildes, an der Ästhetik der Warenwerbung, an der abstrakten Kunst und an der Objekt-Kunst orientieren. Neben der Pluralität der Möglichkeiten insgesamt (eingeschränkt einzig durch den Einsatz des Mediums Fotografie in allen diesen Arbeiten) sehen wir uns auch so innerhalb der einzelnen Werke mit „Mehrfachkodierungen “ konfrontiert, die in einfaches Interpretationsschema nicht mehr entschlüsseln wird.

Volltext

Camera Austria International 33/34 | 1990
Vorwort

Das Thema des SYMPOSIONS ÜBER FOTOGRAFIE X, das im steirischen herbst ’89 von 10. bis 12.November stattgefunden hat, lautete DAS NEUE KONZEPT. Das Thema solcher Symposien- also einer Serie von Vorträgen, Gesprächen und Präsentation von fotografischen Arbeiten – wird immer nur als Feststellung und Frage gleichzeitig sinnvoll sein. Der Formulierung des Themas dieser Veranstaltung, und somit auch des vorliegenden Heftes Nr. 33/34 von CAMERA AUSTRIA, war die Beobachtung vorausgegangen, daß Fotoarbeiten im Kontext zeitgenössischer Kunst mehr und mehr in ihrem konzeptuellen Zusammenhang beurteilt werden. Zudem scheinen Informationen, die dem Foto in seiner mimetischen Funktion abverlangt werden (die Wirklichkeit als „Ausgangsmaterial“ des Bildes; aber auch die formalen Entscheidungen innerhalb des Einzelbildes als Interpretationsansatz) von der Diskussion über die „Haltung“ des Künstlers abgelöst; die äußere Wirklichkeit, durch das Foto gleichsam verdoppelt, wird nicht mehr für sich sondern in seiner medialen Transformation diskutiert. Im Gegensatz zu conceptual art, die einem Arbeiten in Entwürfen nachging, und bei der die Idee über die Ausführung das Primat hatte, zeigen neuere Arbeiten, daß die Konzeptualisierung auch ästhetische Lösungen einschließt, die sich an Formen des Tafelbildes, an der Ästhetik der Warenwerbung, an der abstrakten Kunst und an der Objekt-Kunst orientieren. Neben der Pluralität der Möglichkeiten insgesamt (eingeschränkt einzig durch den Einsatz des Mediums Fotografie in allen diesen Arbeiten) sehen wir uns auch so innerhalb der einzelnen Werke mit „Mehrfachkodierungen “ konfrontiert, die in einfaches Interpretationsschema nicht mehr entschlüsseln wird.

Das SYMPOSION ÜBER FOTOGRAFIE X hat wieder Theoretiker und Praktiker zusammengeführt, um Fragen zum Thema ausgehend vom jeweils eigenen Interesse am Medium zu diskutierten: Ronald Jones, mit einem Beitrag über „Kitsch und Avantgarde“, der eine kritische Behauptung Clement Greenbergs aus dem Jahr 1939 umkehrt und so auf eine jüngere Generation amerikanischer Künstler und ihren so auf eine jüngere Generation amerikanischer Künstler und ihren Umgang mit der Wirklichkeit anwendbar macht; Herta Wolf stellt einen wesentlichen Aspekt zeitgenössischer Fotografie in den Mittelpunkt ihres Textes: Die Re-Fotografie, das erneute Aufnehmen von fotografisch Dargestelltem, wie es u.a. am Werk von Sherrie Levine und Jennifer Bolande diskutiert wird; Gerhard Johann Lischka kommt in seiner Abhandlung über die „Modesprache“ auf den Körper zu sprechen – was sicher nur um Umwege zur Annäherung an konzeptuell zu verstehenden Fotoarbeiten führt, in einer Analyse des zeitgenössischen Ausdrucks jedoch auch dazu beitragen wird.

Es entspricht der Haltung heute arbeitender Fotografen- genauso wie es zu einer der Qualitäten von CAMERA AUSTRIA geworden ist – daß für die Publikation von Arbeiten eine eigene Form definiert wird: die Gestaltung einer Ausstellung, die Präsentation einer Vortrages verlangen andere Entscheidung als die Abwicklung einer Folge von Arbeiten in Zeitschriften- und Buchform. Volker Heinze, Alfredo Jaar und Michael Schuster/ Hartmut Skerbisch haben jeweils ein eigenes Konzept für die Veröffentlichung ihrer Beiträge in CAMERA AUSTRIA entwickelt, und auch die Publikationen von Herwig Kempinger, Gerald Van der Kaap und David Levinthal sind in enger Zusammenarbeit mit den Künstlern entstanden.

Wir danken dem steirischen herbst, der wie in den vergangenen Jahren die Durchführung des SYMPOSIONS ÜBER FOTOGRAFIE ermöglicht hat. Nicht zuletzt durch die selbstverständliche Einbeziehung der Fotografie in das Programm zeitgenössischer Kunst dieses Festivals ist von Graz- nicht nur für Österreich- ein wesentlicher Anstoß für die Auseinandersetzung mit diesem Medium ausgegangen: Im Gegensatz zu der in der wachsenden Anzahl von Fotofestivals geübten Praxis ist es uns gelungen, die Segregation von Fotografie und Kunst, die ja sonst eher akzeptiert zu werden scheint, zu verhindern.

Unseren Lesern schulden wir Dank für die zahlreichen ausführlichen Reaktionen auf unsere Leserumfragen: Sie werden im kommenden Heft einen genauen Bericht von Pia Lanzinger, die ja diese Umfrage für uns durchgeführt und bearbeitet hat, finden.  Allgemein können wir jetzt schon sagen, daß sowohl die große Beteiligung , wie auch die Bewertungen , die CAMERA AUSTRIA erfahren hat, eine positive Aufnahme und Nutzung unserer Zeitschrift beweisen. Sehr eindeutig beweisen Kritikpunkte auch,  in welchen Bereichen sich unsere Leser Verbesserungen erwarten: die Aktualität des Terminkalenders (auch in diesem Heft haben wir noch die alten Schwierigkeiten…) standen hier an erster Stelle der Kritik. Wir danken für die Bereitschaft, sich über die gewohnte Lektüre hinausgehend mit CAMERA AUSTRIA auseinanderzusetzen und hoffen, daß Ihnen auch das vorliegende Heft Anregung zur Beschäftigung mit der zeitgenössischen Fotografie bietet.

Christine Frisinghelli

Beiträge

Forum

Ludwig Sieber

Andreas Bartels

Pascal Hausherr

Nitsch / Zipko

Elzbieta Lempp

Ausstellungen

Herta Wolf: Zu Skulpturen geronnene Architekturen. 20 Fotografien von Thomas Struth. Galerie Pakesch, Wien

Ivo Kranzfelder: Silber und Salz. Zur Frühzeit der Photographie im deutschen Sprachraum 1839 – 1860. Stadtmuseum München

Bücher

Kerstin Braun: De Profundis. Die Lust der Qual. Von der Aktionsmalerei zum Aktionismus. Wien 1960 – 1965 (Band 1); Wiener Aktionismus 1960 – 1971. Der zertrümmerte Spiegel (Band 2)

Christian Eigner: Das konstruierte Bild. Fotografie. Arrangiert und inszeniert

Jochen Pfender: Fotografiebewegung im Blickpunkt einer Sammlung. Kunstphotographie um 1900. Die Sammlung Ernst Juhl

Jutta Mayer: Thomas Ruff. Portretten, Huizen, Sterren / des Portraits, des Maison, des Etoiles / Porträts, Häuser, Sterne

Michael Wetzel: Bodylike. Fragments for a History of the Human Body

Jutta Mayer: Bruce Weber; Josef Koudelka

Gordon Parks. 40 Jahre Fotografie; Peripherie Graz; Ed Grazda. Afghanistan 1980 – 1989

Jutta Mayer: Vicki Goldberg. Bourke-White

Christian Eigner: László Moholy-Nagy. Frühe Photographien

Annette Michelson. The Art of Moving Shadows; George Rodger. Magnum

Impressum

Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann.
Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie.
Alle: FORUM STADTPARK, Stadtpark 1, A-8010 Graz

Redaktion: Christine Frisinghelli
Redaktionelle Mitarbeit: Christian Eigner, Jutta Mayer, Thomas Trummer

Übersetzungen: Klaus Feichtenberger, Bärbel Fink