Camera Austria International
74 | 2001
- LAURI FIRSTENBERG
Das Idiom des Zeitgenössischen visualisieren: Doug Aitkens Fotografie - DOUG AITKEN
- REINHARD BRAUN
Weil ich es mir wert bin. Spekulationen über visuelle Diskurse und Konsumkulturen - ANN THOMAS
"Temporäre Volumina": Die Wolkenfotografien Herwig Kempingers - HERWIG KEMPINGER
- SUSANNE NEUBURGER
Lisa Holzer: Testräume / Durchgänge - LISA HOLZER
- YORGHOS TZIRTZILAKIS
Maria Papadimitriou: Beobachtung als Schicksal
- MARIA PAPADIMITRIOU
- ROLF SACHSSE
Marginalien zur Fotografie. Vom Platz zwischen den Bildern
Vorwort
Die neueste Arbeit von Herwig Kempinger „Temporary Volumes“ veranlasst uns, erneut den Brüchen und Entwicklungen in seiner Arbeit nachzuspüren (vgl. auch C. A. 23, 1987; 33/34, 1990). Die „Temporären Volumina“ erweisen sich in genauerer Betrachtung als Konsequenz aus seinen Untersuchungen von Raum-, Licht- und Farbphänomenen, in deren Mittelpunkt stets der transitorische Charakter seiner Arbeit und eine Analyse des Fotografischen stehen. Seine am Computer generierten Wolkenbilder zeigen, wie Ann Thomas in ihrem Essay nachweist, eine Erweiterung seines Werkes in der Zeit-Dimension. Kempingers Position als „enttäuschter Romantiker“ bildet eine Spannung, die das Werk lebendig hält, stehen die allgemeine konzeptionelle Strenge seiner Werke und die Emotionaltiät oder kontemplative Stimmung, die die Wolkenbilder evozieren, doch in einem scheinbaren Widerspruch zueinander. Dieses Changieren zwischen Konzeptualität und Emotion könnte eine lose Verbindung zu den Arbeiten des in Los Angeles lebenden Künstlers Doug Aitken herstellen. Die von Aitken zusammengestellte Bildfolge bezieht sich auf sein neuestes Buchprojekt „Notes for New Religion Notes for No Religion“, während der begleitende Essay von Lauri Firstenberg den Anteil des Fotografischen im Werk Aitkens zu bestimmen versucht. Aitkens Bilder zeigen Orte, die keinen Zielpunkt markieren, sondern wie schwerelos im Raum des Medialen zu schwimmen scheinen. Seine Bilder rufen diffuse Gefühle hervor, die Kamera dient ihm als eine Art Erinnerungswerkzeug, mit ihr wird zu Spekulationen über etwas Unsagbares eingeladen oder von Unschlüssigkeit und Verfall erzählt, die die zeitgenössische Kultur begleiten.
Volltext →Camera Austria International 74 | 2001
Vorwort
Die neueste Arbeit von Herwig Kempinger „Temporary Volumes“ veranlasst uns, erneut den Brüchen und Entwicklungen in seiner Arbeit nachzuspüren (vgl. auch C. A. 23, 1987; 33/34, 1990). Die „Temporären Volumina“ erweisen sich in genauerer Betrachtung als Konsequenz aus seinen Untersuchungen von Raum-, Licht- und Farbphänomenen, in deren Mittelpunkt stets der transitorische Charakter seiner Arbeit und eine Analyse des Fotografischen stehen. Seine am Computer generierten Wolkenbilder zeigen, wie Ann Thomas in ihrem Essay nachweist, eine Erweiterung seines Werkes in der Zeit-Dimension. Kempingers Position als „enttäuschter Romantiker“ bildet eine Spannung, die das Werk lebendig hält, stehen die allgemeine konzeptionelle Strenge seiner Werke und die Emotionaltiät oder kontemplative Stimmung, die die Wolkenbilder evozieren, doch in einem scheinbaren Widerspruch zueinander. Dieses Changieren zwischen Konzeptualität und Emotion könnte eine lose Verbindung zu den Arbeiten des in Los Angeles lebenden Künstlers Doug Aitken herstellen. Die von Aitken zusammengestellte Bildfolge bezieht sich auf sein neuestes Buchprojekt „Notes for New Religion Notes for No Religion“, während der begleitende Essay von Lauri Firstenberg den Anteil des Fotografischen im Werk Aitkens zu bestimmen versucht. Aitkens Bilder zeigen Orte, die keinen Zielpunkt markieren, sondern wie schwerelos im Raum des Medialen zu schwimmen scheinen. Seine Bilder rufen diffuse Gefühle hervor, die Kamera dient ihm als eine Art Erinnerungswerkzeug, mit ihr wird zu Spekulationen über etwas Unsagbares eingeladen oder von Unschlüssigkeit und Verfall erzählt, die die zeitgenössische Kultur begleiten.
Die griechische Künstlerin Maria Papadimitriou hat für ihr langjähriges work in progress „Temporary Autonomous Museum For All“, das in Zusammenarbeit mit BewohnerInnen, SoziologInnen, KünstlerInnen und ArchitektInnen entsteht, einen konkreten Handlungs-Ort gefunden: das Avliza-Viertel in Menidi im Westen Athens, ein Zwischenquartier für Wanderpopulationen. Beeindruckt von der Dynamik der wandelbaren „Gefühlstopographie“ dieser Gegend – wie sie Yorghos Tzirtzilakis in seinem Text beschreibt – hat Papadimitriou hier das Museum als soziale Einrichtung wiederbelebt, das einer Vorstellung von Kunst als Produktion zwischenmenschlicher Beziehungen folgt. Eine andere Art von „Testräumen“ schafft die junge, in Wien lebende Künstlerin Lisa Holzer mit ihren Foto-Inszenierungen. Sie zeigen Modelle entleerter Schauplätze, aber auch Objekte, die daran erinnern, wie – und hier verbindet sich ihre Arbeit auf einer idellen Ebene mit der sozialen Praxis Maria Papadimitrious – reale Orte außerhalb von Kunst als solche vereinnahmt werden können und für utopische Erinnerungsarbeit herhalten können.
Den vier monographischen Beiträgen in diesem Heft haben wir einen theoretischen Text von Reinhard Braun beigestellt, in dem er Spekulationen über visuelle Diskurse und Konsumkulturen anstellt. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die Tatsache, dass das Wechselspiel von Diskursen und Visualität zunehmend in Konsumzusammenhänge eingebettet ist, was zurückzuführen ist auf die zunehmende Ökonomisierung privater, sozialer, kultureller und politischer Diskurse. Von hier aus versucht er einen neuen, an den Warenkonsum gekoppelten Repräsentationsbegriff zu etablieren, über den zeitgenössische Lebensentwürfe (Lifestyle, Mode, Musik) produziert werden.
Es ist vor allem die internationale, sich erweiternde, in ihrem Kern jedoch stabile Gruppe von AutorInnen und KritikerInnen, die die Identität von CAMERA AUSTRIA mit definieren und deren Mit-Arbeit an der Konzeption unserer Zeitschrift uns zu Dank verpflichtet. Um mit ihnen, aber auch mit unseren LeserInnen Kontakt zu halten, nimmt CAMERA AUSTRIA auch in diesem Jahr zahlreiche internationale Termine wahr: wir nehmen an Kunstmessen wie Chicago, Basel, Berlin, Paris oder Köln teil und organisieren für die Rencontres Internationales in Arles ein Kolloquium über ein zentrales Thema unserer Arbeit: die sich verändernde Rolle und Funktion von Kunstzeitschriften zwischen künstlerischer Produktion und Markt.
Christine Frisinghelli, Maren Lübbke, Manfred Willmann, Mai 2001
Beiträge
Forum
KYUNGWOO CHUN
IMMO KLINK
PETRA GERSCHNER
HEIDI CZIPIN
OLAF UNVERZART
SYLVIA DE SWAAN
KLAUS VILS AUDERER
KAREN STUKE
RICOH GERBL
ESTER THYMÓ
MARTIN KRENN
Ausstellungen
Annie Leibovitz: Women
Corcoran Gallery, Washington D.C.; The Miami Art Museum, Miami; et.al.
Photosynkyria 2001
Thessaloniki, Griechenland
ROY EXLEY
Bernhard Fuchs: Portraits in Farbe
Museum Folkwang Essen
Zoltán Jókay: Der Die Das
Städtische Galerie Ravensburg
CAROLIN FÖRSTER
Luigi Ghirri: Zwischen alter und neuer Welt
Patrimoine Photographique, Hôtel de Sully, Paris; Fotomuseum Winterthur
JULIA GARIMORTH
Shopping
Generali Foundation, Wien
SØNKE GAU
The short century:
Unabhängigkeits- und Befreiungsbewegungen in Afrika 1945 – 1995.
Villa Stuck, München; Gropius-Bau, Berlin; et al.
MICHAEL HAUFFEN
Berliner Hackepeter: Remake Berlin
Fotomuseum Winterthur; Neuer Berliner Kunstverein und daadgalerie, Berlin
THILO KOENIG
Philip-Lorca Dicorcia: Streetwork
Suermondt-Ludwig Museum, Aachen
MAGDALENA KRÖNER
Joan Jonas: Performance – Video – Installation 1968 – 2000
Galerie der Stadt Stuttgart; Neue Gesellschaft f. Bildende Kunst, Berlin
VERENA KUNI
Wiedersehen mit Familie Billingham
Brno House of Arts; Hasselblad Center, Göteborg; Kunsthalle Wilhelmshaven
MARIE RÖBL
inSITE2000
San Diego / Tijuana, Mexiko
SANDRA WAGNER
Berlin Biennale
Postfuhramt und Kunst-Werke Berlin
MAREN LÜBBKE
Erwin Wurm: Indoor-, Outdoor-, One-Mintue-Sculptures
Galerie Krinzinger, Wien
RAINER METZGER
Bücher
Jeff Burton’s Dreamland
powerhouse Books, New York; Galerie E. Perrotin, Paris; Casey Kaplan Gallery, New York 2001
CARLO MCCORMICK
Rosalind Krauss‘ neue Medien. Ein Blick in die jüngsten Publikationen der amerikanischen Kunstkritikerin
Diverse Verlage
STEFAN NEUNER
Osamu Kanemura: Spider’s Strategy
Osiris Co. Ltd., Tokyo 1997
DONALD RICHIE
Weniger ist mehr. Heidi Specker: ABC
H. Imschoot, Gent 2000
KERSTIN STREMMEL
Die Vieldeutigkeit der Bilder. John Berger, Jean Mohr: Eine andere Art zu erzählen
Fischer Verlag, Frankfurt/M. 2000
Rosalind Krauss: Die Originalität der Avantgarde
Verlag der Kunst, Dresden 2000
Das Photographische. Fink Verlag, München 1998
MICHAEL WETZEL
Vladimir Birgus (Hg.): Tschechische Avantgarde-Fotografie 1918 – 1948
Arnoldsche, Stuttgart 1999
TOMAS POSPECH
Impressum
Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann. Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie.
Alle: Sparkassenplatz 2, A-8010 Graz.
Redaktion: Christine Frisinghelli, Maren Lübbke, Edith Winkler, Anja Rösch
Übersetzungen: Tony Moser, Wilfried Prantner, Richard Watts