Camera Austria International
106 | 2009
- KAREL CÌSAR
Markéta Othová. Zeitkristalle - MARKÉTA OTHOVÁ
- FRANK A O UGIOMOH
Schwacher Abglanz und aus dem Leben gegriffene Geschichten: George Osodis "Wirkliche Menschen" aus dem Nigerdelta in Nigeria - GEORGE OSODI
- ROLAND SCHÖNY
Dariusz Kowalski. Im Panoptikum unendlicher Wahrnehmung - DARIUSZ KOWALSKI
- ALICE CREISCHER, ANDREAS SIEKMANN
Warum man die Hölle von Caquiaviri nicht interpretieren kann. Über das Verhältnis von Bildproduktion, Hegemonie und Gewalt III
Vorwort
Erneut spannt Camera Austria mit diesem Heft Nr. 106 einen Bogen zwischen auf den ersten Blick inhaltlich, wie auch ästhetisch und konzeptuell sehr verschiedenen Positionen. Die Künstlerbeiträge und die sie begleitenden Essays in diesem Heft greifen Fragen auf, die in der aktuellen Debatte um die künstlerische und gesellschaftspolitische Relevanz der die Wirklichkeit abbildenden Medien zentrale Bedeutung haben. Die Beiträge in diesem Heft stellen den Anspruch, Kunst als gesellschaftlich notwendige Arbeit zu verorten, deren politische Bedeutung jedoch nicht in der direkten Abbildung sozialer Fakten liegen muss, sondern eher im Freilegen von Wahrnehmungs- und Beschreibungs-Schichten, in denen Erfahrung festgemacht und geteilt werden kann.
Ein kritisches, widersprüchliches Verhältnis zum Visuellen zeichnet die konzeptuelle Fotografie der tschechischen Künstlerin Markéta Othová aus. Ihre variantenreiche und sensible Arbeit – fast ausschließlich Schwarzweiß-Fotografien – umkreist Fragen der Wahrnehmung und der Glaubwürdigkeit des Wahrgenommenen. Denn „dass ein Foto indexikalisch ist heißt nicht, dass es wirklichkeitsgetreu ist“, wie Karel Císarˇ in seinem Essay über die Künstlerin ausführt. Als ein Beispiel führt er ihr Diptychon „Ohne Titel, 2008“ an: „Othová hat dafür ein Blumenarrangement einmal vor einem dunklen und einmal vor einem hellen Hintergrund fotografiert, so dass das Objekt im ersten Foto als hell und im zweiten als dunkel erscheint. Werden sie nebeneinander gezeigt neigen wir dazu, die beiden unabhängigen Bilder als Positiv und Negativ wahrzunehmen“.
Camera Austria International 106 | 2009
Vorwort
Erneut spannt Camera Austria mit diesem Heft Nr. 106 einen Bogen zwischen auf den ersten Blick inhaltlich, wie auch ästhetisch und konzeptuell sehr verschiedenen Positionen. Die Künstlerbeiträge und die sie begleitenden Essays in diesem Heft greifen Fragen auf, die in der aktuellen Debatte um die künstlerische und gesellschaftspolitische Relevanz der die Wirklichkeit abbildenden Medien zentrale Bedeutung haben. Die Beiträge in diesem Heft stellen den Anspruch, Kunst als gesellschaftlich notwendige Arbeit zu verorten, deren politische Bedeutung jedoch nicht in der direkten Abbildung sozialer Fakten liegen muss, sondern eher im Freilegen von Wahrnehmungs- und Beschreibungs-Schichten, in denen Erfahrung festgemacht und geteilt werden kann.
Ein kritisches, widersprüchliches Verhältnis zum Visuellen zeichnet die konzeptuelle Fotografie der tschechischen Künstlerin Markéta Othová aus. Ihre variantenreiche und sensible Arbeit – fast ausschließlich Schwarzweiß-Fotografien – umkreist Fragen der Wahrnehmung und der Glaubwürdigkeit des Wahrgenommenen. Denn „dass ein Foto indexikalisch ist heißt nicht, dass es wirklichkeitsgetreu ist“, wie Karel Císarˇ in seinem Essay über die Künstlerin ausführt. Als ein Beispiel führt er ihr Diptychon „Ohne Titel, 2008“ an: „Othová hat dafür ein Blumenarrangement einmal vor einem dunklen und einmal vor einem hellen Hintergrund fotografiert, so dass das Objekt im ersten Foto als hell und im zweiten als dunkel erscheint. Werden sie nebeneinander gezeigt neigen wir dazu, die beiden unabhängigen Bilder als Positiv und Negativ wahrzunehmen“.
Die kritisch-dokumentarischen Arbeit des nigerianischen Fotografen George Osodi wird wohl am eindrucksvollsten in einer aus 200 Diapositiven bestehende Projektion gezeigt, die er aus 2003 – 2007 entstandenen Bildern zusammengestellt hat. Aus diesem Bildessay zeigen wir hier einen Ausschnitt: Sein Thema ist das Nigerdelta, das zu den reichsten Erdöl-Fördergebieten der Welt gehört. Im Widerspruch zum Reichtum, der für Nigeria hier gewonnen wird, steht die soziale, ökologische und ökonomische Verelendung dieser Region. George Osodi beschreibt die Auswirkungen jahrzehntelanger Ausbeutung auf die „wirklichen Menschen“ wie er sagt. „In letzter Zeit hatte das Erdöl ziemlich paradoxe Folgen für das Leben in den meisten Ölförderregionen […] Diesem verlorenen Paradies möchte ich ein menschliches Gesicht geben“. Die starke Wirkung seiner Einzelbilder stellen die Arbeit in den Zusammenhang eines kritischen Journalismus, der nigerianische Künstler und Philosoph Frank Ugiomoh versucht in einer ästhetischen und bildrhetorischen Annäherung den subjektiven Gestus des Fotografen vor dem Hintergrund des politischen und historischen Kontexts, in dem diese Arbeit entstanden ist, auf die Spur zu kommen.
Als dritte Position stellen wir die filmischen und installativen Arbeiten des polnischen, in Wien lebenden Medienkünstlers Dariusz Kowalski vor, in deren Zentrum Überwachungs- und Beobachtungsbilder stehen, die aus dem Datenfluss des Internet stammen. Er führt jedoch „“deren visuelle Grammatik mit klassischen Stereotypien des Dispositivs der Kontrolle keineswegs linear in einen politisch kodierten Diskurs der Überwachung über, sondern wirft grundsätzliche Fragen nach Raumerfahrung und Verortung des Subjekts innerhalb einer panoptisch organisierten Geografie auf“, wie Roland Schöny in seinem Text zu dieser Arbeit ausführt.
Neben den ProtagonistInnen dieser Hauptbeiträge danken wir allen KünstlerInnen, AutorInnen und ÜbersetzerInnen, die dieses Heft durch ihre Beiträge mit gestaltet haben: Wir freuen uns sehr, dass auch diese Ausgabe von Camera Austria wiederum das internationale und tragfähige Netzwerk abbildet, ohne das ein Projekt wie Camera Austrianicht realisiert werden könnte. Unseren LeserInnen, AbonnentInnen und AnzeigenpartnerInnen danken wir herzlich für das kontinuierliche Interesse und freuen uns darauf, Sie vielleicht demnächst auf den Kunstmessen in Basel zu treffen!
Christine Frisinghelli
Mai 2009
Beiträge
Forum
DENNIS NEUSCHAEFER-RUBE
MARKO ERCEGOVIC
KATRIN WINKLER
ULRICH GEBERT
MATTHIAS ZIELFELD
EVI LEMBERGER
ANDREAS BERTAGNOLL
STEFANIE SEUFERT
Ausstellungen
Dan Graham: Beyond
SANDRA WAGNER
Why Roni Horn? Roni Horn aka Roni Horn
DENISE ROBINSON
Francesca Woodman
ALBERTO MARTÍN
Deimantas Narkevicius: The Unanimous Life
YOANN VAN PARYS
Guy Tillim: Jo’burg & Avenue Patrice Lumumba
ANNE BERTRAND
Weird Beauty: Fashion Photography Now / This is not a Fashion Photograph: Selections from the ICP Collection
STEVEN HUMBLET
Between Bridges London: Three-Year Anniversary
BART VAN DER HEIDE
Bewegung in der Zelle. Mathias Poledna und Christopher Williams
YILMAZ DZIEWIOR
Akram Zaatari
ANNETT BUSCH
In Wahrheit war ich nur Berliner. Erwin Blumenfeld: DADA-Montagen 1916 – 1933
CAROLIN FÖRSTER
Karl Blossfeldt: Pflanzenstudien und verwandte Positionen
KERSTIN STREMMEL
Big City. New York Street Photography
MARIE RÖBL
William Eggleston: Democratic Camera. Photographs and Videos 1961 – 2008
MAREN LÜBBKE-TIDOW
Tatiana Lecomte: Scriptures Without Words
REBEKKA REUTER
Christian Jankowski: And Now for Something Completely Different
MANISHA JOTHADY
Aus dem Raum raus. Filmbilder von denkbaren Subjekten an sichtbaren Orten bei „Concept Film“ und der „Diagonale“
DREHLI ROBNIK
Bücher
Ariella Azoulay: The Civil Contract of Photography / Photography Between Poetry and Politics
TACO HIDDE BAKKER
Dana Lixenberg: The Last Days of Shishmaref
MAARTJE VAN DEN HEUVEL
Michael Fried: Why Photography Matters As Art As Never Before
BERT VANDENBUSSCHE
Diedrich Diederichsen: Kritik des Auges / Tom Holert: Regieren im Bildraum
KRYSTIAN WOZNICKI
Drehli Robnik: Geschichtsästhetik und Affektpolitik. Stauffenberg und der 20. Juli im Film 1948 – 2008
JOACHIM SCHÄTZ
Kaucyla Brooke: Vitrinen in Arbeit
ANETTE FREUDENBERGER
Impressum
Herausgeber, Verleger und für den Inhalt verantwortlich: Manfred Willmann. Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA, Labor für Fotografie und Theorie.
Alle: Lendkai 1, A-8020 Graz.
Redaktion: Christine Frisinghelli, Daniela Billner
Redaktion Nachrichten: Heidi Oswald
Lektorat: Marie Röbl
Englisches Lektorat: Dawn Michelle d’Atri
Übersetzungen: Dawn Michelle d’Atri, John Doherty, Don Mader, Wilfried Prantner, Josephine Watson, Richard Watts