Camera Austria International

145 | 2019

  • LAURA MCLEAN-FERRIS
    Camera Grammatica
  • STUDIO FOR PROPOSITIONAL CINEMA
  • GUDRUN RATZINGER
    Über die Zirkulation von Bildern
  • VLADISLAV SHAPOVALOV
  • ANNA BARFUSS
    Aufgeladene Orte, Landschaften
  • DEBORAH STRATMAN
  • NICK PINKERTON
    Die Stimme seines Herrn
  • ANDREW NORMAN WILSON

Vorwort

Die Beiträge der Märzausgabe von Camera Austria International begeben sich in die Bereiche zwischen der Fotografie und dem Kinematografischen, wobei die Themen der vorgestellten Künstler*innen von Wirkungsweisen historischer Fotografie und deren Vereinnahmung im Dienste politischer Ideologie über die gewaltvolle Durchdringung von Landschaft bis hin zur Initiierung eines fiktiven Dialogs zwischen Vergangenheit und Gegenwart reichen.

Volltext

Camera Austria International 145 | 2019
Vorwort

Die Beiträge der Märzausgabe von Camera Austria International begeben sich in die Bereiche zwischen der Fotografie und dem Kinematografischen, wobei die Themen der vorgestellten Künstler*innen von Wirkungsweisen historischer Fotografie und deren Vereinnahmung im Dienste politischer Ideologie über die gewaltvolle Durchdringung von Landschaft bis hin zur Initiierung eines fiktiven Dialogs zwischen Vergangenheit und Gegenwart reichen.
Laura McLean-Ferris bettet die spartenübergreifende, auch performative Formate umfassende Arbeit des Studio for Propositional Cinema in die Geschichte der Kamera ein und analysiert, wie diese aufs engste mit räumlichen Konfigurationen und dem Einschreiben in einen spezifischen Präsentationsort verbunden ist. So arbeitet sie die der Formensprache des Studio for Propositional Cinema zugrunde liegenden grammatikalischen Konventionen heraus und legt dar, wie Künstler*innen, Raum, textliche Elemente und Betrachter*innen in den Installationen in Beziehung treten. Die Tatsache, dass diese Installationen sich bisweilen über einen Zeitraum von mehreren Tagen entwickeln und verändern, kann »als Reaktion auf ein allgemeines Klima der Beschleunigung und des akzelerierten Konsums« gelesen werden, wie die Autorin schreibt.
Um Formen des Zeigens und der Vermittlung im Raum geht es auch in Vladislav Shapovalovs Projekt »Image Diplomacy« (seit 2015), für das der Künstler auf Material zurückgreift, das von der Sowjetunion zu Propagandazwecken produziert wurde. Am Beispiel des Mediums Fotoausstellung veranschaulicht Shapovalov, welche Funktion ideologisch geprägten Bildern während des Kalten Krieges zukam und welche Strategien und Präsentationsformate von der sowjetischen Regierung genutzt wurden, um ein möglichst fortschrittliches Bild des Sozialismus rund um den Globus zu vermitteln. »Letztlich fragt Vladislav Shapovalov nicht, wie es in der Vergangenheit war, sondern warum wir uns mit ihr beschäftigen und deutet an, dass für Gegenwart und Zukunft nicht nur die tatsächliche Vergangenheit von Bedeutung ist, sondern auch die unrealisierten Möglichkeiten, das Potenzial«, fasst Gudrun Ratzinger dies zusammen.
Das Filmschaffen Deborah Stratmans steht für einen Ansatz, der das Politische in den realen wie mentalen Landschaften der USA aufspürt. Sei es die bedrohlich wirkende, im Dunkel der Nacht liegende Einsamkeit überkontrollierter Vororte und Shoppingarchi-tekturen oder die Wiedergabe von Szenen, aus denen sich eine vor allem von Weißen geprägte Geschichte der Nation herauslesen lässt: Stratmans entschleunigte Aufnahmen und Spannung erzeugende, auf Brüche setzende Tonspuren beschreiben Ikonen der amerikanischen Identität, unter deren Oberfläche sich oftmals gewaltvolle Geschichten, Ideologien und patriotische Traditionen erschließen und von denen Anna Barfuss schreibt, dass diese »sowohl als Sedimente gelebter sozialer Beziehungen auf[treten], als innere Zustände widerspiegelnde Orte, wie auch als imaginäre Räume, die mit dem Zirkulieren medialer Bilder in Verbindung stehen und in denen Vorstellungen von Identität erprobt werden.«
Ebenfalls eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Versprechen und enttäuschten Erwartungen erzählt Andrew Norman Wilson in der aus verschiedensten historischen wie popkulturellen Quellen sowie biografischen Anekdoten entwickelten Arbeit »KODAK« (2018). Rich, ein blinder ehemaliger Mitarbeiter der Firma Eastman Kodak, entspinnt einen fiktiven Dialog mit dem Firmengründer George Eastman, woraus sich eigenwillige Narrative um die Fotografie ergeben. »Der in ›KODAK‹ imaginierte Dialog ist eine Konfrontation zweier gegensätzlicher Figuren unterschiedlicher Zeitalter der amerikanischen Wirtschaft, von Arbeiterschaft und Management, von Rationalismus und Emotionalität«, beschreibt Nick Pinkerton den Film des an den Strukturen des »Übergangs der industriellen zur informationellen Arbeit« interessierten Wilson.

Christina Töpfer und das Team von Camera Austria
März 2019

Cover: Deborah Stratman, still from: In Order Not To Be Here, 2002. 16mm film (color, sound), 33’.

 

Beiträge

Forum

Vorgestellt von Clara Wildberger
Enrico Di Nardo
Katharina Gruzei
Delphine Gatinois
Sebastian Reiser
Catherine Leutenegger
Hortense Le Calvez und Mathieu Goussin

Ausstellungen

Digital Imaginaries – Africas in Production
Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe
WitsArtMuseum (WAM), Johannesburg
Fak’ugesi African Digital Innovation Festival, Johannesburg
Kër Thiossane, Dakar
MARIE HIMMERICH

François-Xavier Gbré: Sogno d’oltremare
Museo d’Arte Provincia di Nuoro (MAN)
CHRISTOPH SEHL

Eva Maria Ocherbauer: One Fine Day Soon
Fotohof, Salzburg
MANISHA JOTHADY

Paul Kranzler / Andrew Phelps: The Drake Equation
Landesgalerie Linz
ULRIKE MATZER

Picture Industry: A Provisional History of the Technical Image, 1844–2018
LUMA Foundation, Les Forges, Parc des Ateliers, Arles
Picture Industry
Hessel Museum of Art, Bard College, Annandale-on-Hudson, New York
Systematically Open? New Forms for Contemporary Image Production
LUMA Foundation, Les Forges, Parc des Ateliers, Arles
STEVEN HUMBLET

Jules Spinatsch: Semiautomatic Photography (2003 – 2020)
Centre de la photographie Genève, Genf
WOLFGANG BRÜCKLE

The Photographic II: Signal or Noise
S.M.A.K., Gent
PAUL WILLEMSEN

She’s Here: Louise Lawler
Vertikale Galerie, Sammlung Verbund, Wien
SEAN O’TOOLE

Zoe Leonard: Survey
The Geffen Contemporary at The Museum of Contemporary Art (MOCA), Los Angeles
Zoe Leonard: Analogue
Hauser & Wirth, Los Angeles
KATHI HOFER

Medea muckt auf. Radikale Künstlerinnen hinter dem Eisernen Vorhang
Kunsthalle im Lipsiusbau – Staatliche Kunstsammlungen Dresden
MAREN LÜBBKE-TIDOW

Mary Beth Edelson: Nobody Messes with Her
Kunsthalle Münster
Cao Fei
Kunstsammlung NRW / K21 Ständehaus, Düsseldorf
New Metallurgists
Julia Stoschek Collection, Düsseldorf
Dorota Gawęda and Eglė Kulbokaitė: I get those goosebumps every time you come around
Galerie Lucas Hirsch, Düsseldorf
Trisha Donnelly
Galerie Buchholz, Köln
MORITZ SCHEPER

Weil ich nun mal hier lebe
Museum für Moderne Kunst, Tower MMK, Frankfurt am Main
SABINE WEIER

Aggressive Bildpolitik
»Soko Chemnitz« des Zentrums für Politische Schönheit
RAIMAR STANGE

Hannah Darabi: Enghelab Street, a Revolution through Books. Iran 1979–1983
Le Bal, Paris
ARNO GISINGER

Maryam Jafri: Wege zur Knechtschaft, neu geteert
Taxispalais – Kunsthalle Tirol, Innsbruck
CHRISTINA TÖPFER

New Photography Centre at the V&A
Collecting Photography: From Daguerreotype to Digital
PAUL MELLENTHIN

Manfred Willmann
Albertina, Wien
ANDREAS SPIEGL

Bücher

Talking Books
Erik van der Weijde in Conversation with . . . Stanley Wolukau-Wanambwa
Stanley Wolukau-Wanambwa: One Wall a Web, Roma Publications, Amsterdam 2018

Tobias Neumann: Deux Sœurs / Zwei Schwestern
Spector Books, Leipzig 2018
RADEK KROLCZYK

Patrick Waterhouse: Restricted Images. Made with the Warlpiri of Central Australia
SPBH Editions, London 2018
MARGIT NEUHOLD

August Sander: Persecuted / Persecutors. People of the 20th Century
Steidl, Göttingen 2018
JOCHEN BECKER

Ursula Frohne, Lilian Haberer, Annette Urban (Hg.): Display und Dispositiv. Ästhetische Ordnungen
Verlag Wilhelm Fink, Paderborn 2018
NAOKO KALTSCHMIDT

Impressum

Herausgeber: Reinhard Braun

Verlag, Eigentümer: Verein CAMERA AUSTRIA. Labor für Fotografie und Theorie.
Lendkai 1, 8020 Graz, Österreich

Chefredaktion: Christina Töpfer.
Redaktion: Margit Neuhold.

Übersetzer*innen: Dawn Michelle d’Atri, Lina Morawetz, Andrea Scrima, Sabine Weier.

Englisches Lektorat: Dawn Michelle d’Atri.

Dank: Carolin Baer, Anna Barfuss, Enrico Di Nardo, Delphine Gatinois, Katharina Gruzei, Adam Harrison, Felix Hoffmann, Christin Krause, Hortense Le Calvez, Catherine Leutenegger, Laura McLean-Ferris, Paul Mellenthin, Eva-Maria Neuburger, Nick Pinkerton, Gudrun Ratzinger, Sebastian Reiser, Vladislav Shapovalov, Deborah Stratman, Studio for Propositional Cinema, Nina Tabassomi, Erik van der Weijde, Thomas Weski, Clara Wildberger, Andrew Norman Wilson, Stanley Wolukau-Wanambwa, Daniela Zehetner.

Copyright © 2019
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit vorheriger Genehmigung des Verlags. Für übermittelte Manuskripte und Originalvorlagen wird keine Haftung übernommen.

ISBN 978-3-902911-49-0
ISSN 1015 1915
GTIN 4 19 23106 1600 5 00145