Presseinformationen

Camera Austria International 128 | 2014

Infos

Präsentationen / Presentations:

13. – 14. 12. 2014
Friends with Books: Art Book Fair Berlin

18. 12. 2014
19 Uhr, Magazine Release bei Camera Austria, Kunstquartier Bethanien, Berlin, mit den KünstlerInnen Viktoria Binschtok and Roman Schramm

29. 1. – 1. 2. 2015
artgenève

 

Pressedownloads

Pressetext

Das Durchspielen von Bildmetaphern und ästhetischen wie semantischen Konventionen, die assoziativ-algorithmische Verknüpfung von Bildern anhand struktureller Merkmale, das »Stochern« in offensichtlichen Lücken, Leerstellen und wunden Punkten visueller Narrative – fotografische Strategien, die kein offenkundiger und übergreifender Sinnzusammenhang verbindet – stehen im Mittelpunkt des Interesses der vorliegenden Ausgabe von Camera Austria International.

Viktoria Binschtok entwickelt ihre Serien zunächst über Suchmaschinen, die Bilder nach Kriterien wie Farbanteil und -verteilung, Konturlinien und Oberflächenstruktur zusammenstellen. In einem anschließenden Verfahren dienen ihr diese Bilder als Vorlage für eine Re-Inszenierung, durch die sich Verschiebungen und Differenzen ergeben. Dieses konzeptuelle Anordnen einzelner Bilder vergleicht Christina Natlacen in ihrem Essay u. a. mit der »bis heute auf KünstlerInnen so einflussreiche[n] Vorgehensweise Aby Warburgs beim Bestücken der Tafeln für seinen ›Mnemosyne-Atlas‹«. Auch Warburg war auf der Suche nach einer Art formaler Analogie – der »Pathosformel«, die ihm ein Gelenk zur Verknüpfung von Bildern über Kulturen und Jahrhunderte hinweg zur Verfügung stellen sollte.

Luis Jacobs Arbeit »Show Your Wound« (2010 – 2012) besteht aus 26 Momentaufnahmen, die der Künstler in Museen und Galerien weltweit aufgenommen hat. David Balzer charakterisiert sie als »Verbindung von zeitgenössischem Minimalismus und historisch-religiöser Malerei und Bildhauerei«. Die Aufnahmen betreiben jedoch »keine ironische Dekonstruktion oder Kritik des Museums, wie die dadaistischen Readymades, sondern versuchen eher, es zu erkunden, ebenso wie den Akt des Betrachtens«. Die Ordnungssysteme des Museums adressieren die BesucherInnen zumeist nur als Schauende: Berühren verboten. Die an uns vorbeiziehenden kunsthistorischen Werke entkörperlichen das Bild und verbildlichen die Körper – ein Mechanismus, der weitreichende Konsequenzen für aktuelle Bildkulturen in sich trägt.

Roman »Schramms Fotografien entfalten sich«, wie Pablo Larios schreibt, »als lose, thematisch organisierte Serien, die in formalen Experimenten formale Bildmetaphern durchspielen«. Mithilfe eines 3D-Programms erschafft er um seine fotogenen Objekte einen oder auch mehrere Räume, die über den Bildrand hinaus bis in den Ausstellungsraum reichen. Diese bisweilen absurd-komischen Konstruktionen rekurrieren, so der Autor, auf »visuelle und semantische Konventionen […], die Art von kulturindustriellen Techniken also, die uns heute überall begegnen«. Schramm eignet sich diese Konventionen an, um sie gleichzeitig zu modifizieren und in sich selbst zu verschieben.

Uns interessieren in den Arbeiten der vorgestellten KünstlerInnen die jeweils spezifischen Formen des Recherchierens und Neuordnens, die sich in diesen Fällen nicht an Geschichte(n), Ereignissen, historischen Archiven etc. abarbeiten, sondern an anderen, bereits bestehenden, alltagskulturellen oder institutionellen Formen des ständigen Arrangierens von Bildmaterial. W. J. T. Mitchell hat solche Bilder, die sich auf andere Bilder beziehen, Meta-Bilder genannt: Bilder über Bilder, denen eine gewisse »piktoriale Selbstreferenz« eingeschrieben ist. Sie produzieren Theorie, indem sie Repräsentationen schaffen, wie es Mitchell in einem Interview mit Georg Schöllhammer im Jahr 1998 formulierte.

Diese Ausgabe rückt vor allem eine Idee wieder in den Vordergrund, die für uns eine fundamentale Handlungsanleitung zum Verstehen fotografischer Praktiken darstellt: dass Bildproduktion auch eine Form der Theoriebildung über Bilder darstellt. Wir hoffen, Sie mit dieser und den kommenden Ausgaben unserer Zeitschrift und durch unsere Leidenschaft, die nicht nur eine des Sehens, sondern auch eine des Denkens ist, mitreißen zu können.

Reinhard Braun
und das Camera-Austria-Team
Dezember 2014

Bildmaterial

Die honorarfreie Veröffentlichung ist nur in Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausstellung und die Publikation gestattet. Wir ersuchen Sie die Fotografien vollständig und nicht in Ausschnitten wiederzugeben. Bildtitel als Download unter dem entsprechenden Link.

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